10toGO Thinkathon: Künstliche Intelligenz für Klimaschutz und Wohlstand

(Beate Hofer, Chief Information Officer der Volkswagen AG (links), und Christine Haupt, Chief Operating Officer von Microsoft Deutschland)

Wie kann Künstliche Intelligenz (KI) dazu beitragen, die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen zu erreichen? Im Thinkathon 10toGO von Volkswagen und Microsoft Deutschland haben sich 20 Teams mit innovativen KI-Konzepten dieser Frage gestellt. Im Interview sprechen die Jurymitglieder Beate Hofer, Chief Information Officer der Volkswagen AG, und Christine Haupt, Chief Operating Officer von Microsoft Deutschland, über 10toGO und die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen.

Die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen fordern Fortschritte bei der Armutsbekämpfung, beim Klimaschutz oder beim Erhalt der Artenvielfalt. Was haben diese Sustainable Development Goals mit KI zu tun?

Christine Haupt: Tatsächlich können digitale Technologien dazu beitragen, drängende Menschheitsprobleme zu lösen. Die Cloud und Künstliche Intelligenz helfen uns beispielsweise dabei, Umweltrisiken besser zu kontrollieren, das Klima zu schützen, Ressourcen sinnvoller zu nutzen, die Zahl der Verkehrstoten drastisch zu senken oder Krankheiten zu bekämpfen.
Beate Hofer: KI ist ein exzellentes Instrument, um effiziente, ressourcenschonende Lösungen zu finden. Sie kann weltweit helfen, Klimaschutz und Wohlstand zu vereinbaren. Anwendungsmöglichkeiten gibt es zum Beispiel in der Logistik, wo durch KI die Abläufe verbessert und somit CO2-Emissionen verringert werden können. Der Thinkathon 10toGO hat deutlich gezeigt: Engagierte Menschen können mit KI viel Gutes erreichen.

Woran denken Sie?

Beate Hofer: Das beste Beispiel liefert das Sieger*innenteam Pina. In weniger als vier Wochen haben die drei Mitglieder mithilfe von KI eine Lösung entwickelt, die nachhaltige Forstwirtschaft unterstützt. Die Anwendung erlaubt es, schnell und automatisiert zu erfassen, wieviel Kohlenstoff von Waldbäumen gebunden wird. Dies erleichtert es, klimafreundliche Waldschutz- und Aufforstungsprojekte unabhängig zu zertifizieren. Das ist eine wichtige Voraussetzung, damit Unternehmen wie Volkswagen in solche Projekte investieren können. Zusammen mit Microsoft werden wir das Sieger*innenteam weiter begleiten, mit unserem Know-how unterstützen und in das künftige Start-up des Teams Pina investieren.
Christine Haupt: Der Verlust natürlicher Ressourcen gefährdet die Zukunft unseres Planeten und das Leben kommender Generationen. Allerdings gibt es immer noch zu wenig Wissen darüber, wie sich Biodiversität und Ökosysteme am effizientesten schützen lassen. Viele Teilnehmer*innen des Thinkathons zeigen mit ihren Ideen, wie sich Klimaschutz und globaler Wohlstand mithilfe technologischer Innovationen verbinden lassen.

Kooperation fördern – ist das das eigentliche Ziel von Projekten wie 10toGO?

Christine Haupt: Ja. In einer Welt, die immer komplexer und vernetzter wird, braucht es eine Vielzahl von Kompetenzen, um Probleme zu lösen. Die entscheidende Fähigkeit ist nicht, alles allein am besten zu können, sondern die richtigen Partner zusammenzubringen. Mit dem Thinkathon 10toGO wollen wir gemeinsam innovative Lösungen vorantreiben und ambitionierten Talenten Raum und Ressourcen zur Entfaltung bieten.
Beate Hofer: Konzerne wie Volkswagen und Start-ups können viel voneinander lernen. In solchen Partnerschaften kommen frische Ideen und Tempo mit hoher technischer Kompetenz und viel Erfahrung in der Skalierung von Lösungen zusammen. Aber auch jede Seite für sich profitiert von unterschiedlichen Denkweisen, Talenten und Erfahrungen. So wie beim Sieger*innenteam Pina, in dem eine Umweltexpertin mit zwei Technikern zusammenarbeitet. Ein gutes Beispiel, dass diverse Teams erfolgreicher sind.

Volkswagen und Microsoft haben sich jeweils ambitionierte Klimaziele gesetzt. Welche Rolle spielt Technologie?

Beate Hofer: Digitalisierung und Nachhaltigkeit sind die großen Treiber bei Volkswagen. Der Konzern hat sich als erster Autohersteller zum Pariser Klimaabkommen bekannt. Bis 2050 wollen wir bilanziell CO2-neutral sein. Das kann nur mit innovativer Technik gelingen. Der größte Hebel sind natürlich die rund 70 reinen Elektro-Modelle, die der Konzern bis 2030 auf den Markt bringen wird. Doch auch die IT leistet mithilfe innovativer Technologien einen wichtigen Beitrag zur Dekarbonisierung, zugunsten einer grüneren Gesellschaft. Ich denke an die Vernetzung unserer Werke, die eine effiziente, ressourcenschonende Produktion fördert, an die Entwicklung intelligenter Transportsysteme, die Staus reduzieren, oder an KI-Systeme, die die Effizienz von Elektromotoren optimieren.
Christine Haupt: Microsoft hat in der Vergangenheit bereits viel dafür getan, um CO2-Emissionen zu senken und das Potenzial erneuerbarer Energien zu nutzen. So sind die globalen Aktivitäten von Microsoft schon seit 2012 zu 100 Prozent klimaneutral. Doch das ist nicht genug. Deshalb haben wir uns ambitionierte Ziele gesetzt und wollen nicht nur unsere CO2-Emissionen weiter senken, sondern in Zukunft mehr CO2 aus der Atmosphäre entfernen als ausstoßen. Diese „negative CO2-Bilanz“ soll 2030 erreicht werden. Bis 2050 will Microsoft sogar den gesamten Kohlenstoff aus der Atmosphäre beseitigen, den das Unternehmen seit seiner Gründung 1975 ausgestoßen hat. Dafür werden in den kommenden vier Jahren eine Milliarde US-Dollar in einen Klimainnovationsfonds investiert, der die Entwicklung neuer Technologien zur CO2-Reduktion und -Entnahme gezielt vorantreiben soll. Denn wir sind davon überzeugt, dass es nur mithilfe neuer Technologien wie KI gelingen wird, nachhaltigen Klimaschutz mit wachsendem Wohlstand überall auf der Welt zu vereinbaren.

Was sind die Vorteile der Zusammenarbeit?

Christine Haupt: Volkswagen und Microsoft Deutschland engagieren sich seit Jahren für Nachhaltigkeit, digitale Bildung oder Teilhabe. Doch wir sind davon überzeugt, dass wir wirksame Antworten auf die ganz großen Herausforderungen unserer Zeit nur gemeinsam finden. Darum bündeln wir unser Engagement, um durch den Einsatz digitaler Technologien und künstlicher Intelligenz substanzielle Verbesserungen in den Bereichen Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft zu erzielen. Seit 2020 ist das in einem Rahmenvertrag zwischen beiden Unternehmen geregelt.
Beate Hofer: Wir bei Volkswagen sind überzeugt, dass sich digitale Innovationen positiv auf die nachhaltige Entwicklung der Gesellschaft auswirken können. Doch es ist ein langer Weg und es sind noch große Anstrengungen erforderlich. Umso wichtiger ist es, dass wir uns mit gleichgesinnten Partnern wie Microsoft verbinden. Mich persönlich motiviert es ungemein, dass wir durch unsere Arbeit einen Beitrag für die Gesellschaft und zum Schutz des Klimas leisten können. Ich weiß, dass viele Menschen bei Volkswagen ebenso denken.

Hintergrund zu 10toGO:

Herausforderung: Es bleiben nur noch zehn Jahre, um die Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen zu erreichen. Deshalb haben Volkswagen und Microsoft Deutschland Ende 2020 internationale Teams aufgerufen, in einem sogenannten Thinkathon datengetriebene Lösungen für mehr Nachhaltigkeit zu entwickeln. Zu den 17 Sustainable Development Goals gehören unter anderem die Beseitigung von Hunger und Armut, Klimaschutz, Gesundheit, hochwertige Bildung, Geschlechtergleichheit und menschenwürdige Arbeit. Das Wort „Thinkathon“ (zusammengesetzt aus „Think“ und „Marathon“) bezeichnet ein Veranstaltungsformat, bei dem interdisziplinäre Teams in kurzer Zeit innovative Lösungen für schwierige Probleme erarbeiten.

Wettbewerb: Aus den rund 300 Bewerber*innen aus mehr als 40 Nationen wurden 20 Teams mit insgesamt 86 Mitgliedern ausgewählt. Während der knapp vierwöchigen Projektphase wurden diese von internationalen Nachhaltigkeitsexpert*innen beraten. Das Sieger*innenteam Pina aus München erhält 100.000 Euro und wird von Volkswagen und Microsoft bei der Gründung eines Start-ups unterstützt. Das Team hat eine KI-basierte Lösung für nachhaltige Forstwirtschaft und die transparente Zertifizierung von Klimaschutzprojekten entwickelt. Andere Teilnehmer*innen haben sich mit dem Einsatz von KI zur Verbesserung medizinischer Diagnosen, zur Verteilung ungenutzter Nahrungsmittel an Bedürftige oder zur Belohnung von klimafreundlichem Verhalten beschäftigt.

Jury: Die Konzepte wurden durch Vertreter*innen von Volkswagen und Microsoft sowie von weiteren unabhängigen Expert*innen bewertet. Dazu zählten Repräsentant*innen der Vereinten Nationen und des Welternährungsprogramms. Der unabhängige Volkswagen Nachhaltigkeitsbeirat war mit der früheren EU-Kommissarin für Klimaschutz, Connie Hedegaard, und Elhadj As Sy, Vorsitzender des Vorstands der Kofi-Annan-Stiftung, vertreten.

 


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