Mit der Digitalisierung wird das Lernen zur Lebensaufgabe. Wie kriegen wir die in den Griff?

Sabine Bendiek auf der Explained Bühne in Berlin über Reskilling

Die Transformation der Arbeit hat längst begonnen. Technologien und Geschäftsmodelle wandeln sich ebenso tiefgreifend wie Berufsbilder, Arbeitsabläufe und Prozesse. In Zukunft werden ein­fache manuelle Tätigkeiten immer weniger gefragt sein, gleichzeitig entstehen andere, hochqualifizierte Arbeitsplätze. Laut einer Studie des McKinsey Global Institute wird bis 2030 der Anteil der Arbeit, der technisches Wissen voraussetzt, um mehr als 50 Prozent steigen, gleichzeitig gewinnen aber auch soziale und emotionale Kompetenzen an Bedeutung. Und es wird für viele Mitarbeiter bald nicht mehr ausreichen, ein Spe­zial­gebiet zu beherrschen, sie werden das gesamte System verstehen und vernetzt denken und arbei­ten müssen. Der Aufbau von digitaler Expertise ist heute schon operative Notwendigkeit und wird morgen zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor.

Jetzt Kompetenzen für das KI-Zeitalter fördern

Schon heute stehen Unternehmen vor der doppelten Herausforderung, neue Fachkräfte zu gewinnen und bestehende Belegschaften für die digitale Arbeitswelt zu qualifizieren. Das belegt auch eine aktuelle Umfrage von Microsoft und dem Wirtschaftsrat der CDU unter 3.000 deutschen Unternehmen. Demnach halten drei von vier Firmen den Erwerb digitaler Fähigkeiten für sehr oder sogar äußerst wichtig. Gleichzeitig bewertet mehr als die Hälfte der Befragten den Qualifikationsstand ihrer Mitarbeiter als „nicht gut“.

Infoboxen über Studienergebnisse: 67% der befragten Mitarbeiter begrüßen eine kontinuierliche berufliche Weiterentwicklung
Auszug aus einer Befragung von Microsoft und Yougov

Um diese Lücke zu schließen, hat Microsoft jetzt eine umfassende Qualifizierungsinitiative gestartet. Gemeinsam mit der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) werden wir in den kommenden Monaten neue Ideen entwickeln und innovative Projekte zur Qualifizierung von Führungskräften und Arbeitnehmern identifizieren. Um Kompetenzen für das KI-Zeitalter zu fördern, erweitern wir außerdem unsere Initiative IT-Fitness um Module zu KI und Automatisierung. Mit Kompetenztests und Online-Tools zur Selbsteinschätzung wollen wir Unternehmen und Beschäftigten dabei helfen, Wissenslücken zu identifizieren und Qualifizierungsmaßnahmen gezielter zu planen. Mit vielen weiteren Angeboten richten wir uns an Bildungsträger, Partner und Startups.

Angesichts des rasanten Veränderungstempos der technologischen Möglichkeiten, sollte es heute eigentlich jedem klar sein, dass Lernen in Zukunft nicht mehr mit der Schule enden kann. Und laut einer Umfrage von Microsoft und Yougov begrüßen auch zwei von drei Beschäftigten ausdrücklich eine kontinuierliche berufliche Weiterentwicklung. Allerdings leisten Unternehmen und Behörden derzeit noch zu wenig Unterstützung bei der digitalen Qualifikation: So bietet nur jeder zweite Arbeitgeber regelmäßig entsprechende Schulungen an oder ermutigt seine Mitarbeiter, mit neuen Technologien zu experimentieren. An dieser Stelle brauchen wir einen grundlegenden Kulturwandel.

Lernen und Arbeiten nie mehr getrennt voneinander denken

Sabine Bendiek auf der Explained Bühne in Berlin über Reskilling

Daran arbeiten wir auch intern bei Microsoft intensiv. Wir wünschen uns eine Unternehmenskultur, in der Lernen und Arbeiten gar nicht mehr getrennt voneinander gedacht werden können. Lernen sollte ein so selbstverständlicher Teil unseres Lebens werden wie Produktivität, soziale Interaktion, körperliche Bewegung und Entspannung. Das unterstützen wir mit digitalen Lernlösungen, die unsere Mitarbeiter flexibel in ihren Alltag integrieren können. Und wir haben 2018 die Position eines Chief Learning Officers (CLO) geschaffen, um den Gedanken einer neuen Lernkultur noch stärker im Unternehmen zu verankern. Für 2019 planen wir den Aufbau eines bundesweiten Netzwerks von Qualifizierungsverantwortlichen, um Erfahrungen und Denkanstöße über Unternehmens- und Branchengrenzen hinweg zu teilen.

Der Umbau der Arbeitswelt erfordert ein echtes Umdenken auf allen Ebenen – bei den Bildungsverantwortlichen, bei den Entscheidern in den Unternehmen und nicht zuletzt bei den Beschäftigten selbst. Qualifizierung ist sowohl Bring- als auch Holschuld. Arbeitnehmer dürfen nicht darauf warten, dass ihnen Weiterbildung auf dem Silbertablett serviert wird, sie müssen sie auch einfordern. Und sie müssen Verantwortung für ihre eigene berufliche Zukunft übernehmen: durch die Investition von Zeit und Energie und den Willen, gebotene Chancen bestmöglich zu nutzen.

In jungen Jahren die Lust am Lernen in den Mittelpunkt stellen

 „Wer nicht heute schon 80 Jahre alt ist, muss sich in den kommenden Jahrzehnten immer wieder neu erfinden“, erklärte der Bestsellerautor Yuval Noah Harari (Homo Deus) neulich in einem Interview mit der GQ. Wichtiger als bestimmte Fähigkeiten zu erlernen, sei es deshalb, ausreichend ‚mentale Flexibilität‘ zu entwickeln, um immer wieder von vorne beginnen zu können. Wie das genau gehen soll, verrät er leider nicht. Aber ich kann mir vorstellen, dass es hilft, das Lernen gelernt zu haben. Wer einmal etwas erfolgreich gelernt hat, ist wahrscheinlich zuversichtlich, dies auch ein zweites oder drittes Mal schaffen zu können. Umgekehrt bleibt die schon in den 1960er Jahren erstmals erhobene und heute wieder omnipräsente Forderung nach „lebenslangem Lernen“ eine leere Floskel für all die Menschen, die das Lernen nie gelernt und vielleicht noch nie einen einzigen Lernerfolg erlebt haben.

Deshalb müssen wir unbedingt nicht nur die künstliche, sondern auch die menschliche Intelligenz weiter fördern. Zum Beispiel indem wir uns in der Schule stärker auf Kreativität und Kommunikation, soziale Interaktion und Problemlösungskompetenz statt auf die reine Wissensvermittlung konzentrieren. Am allerwichtigsten scheint es mir aber, in jungen Jahren Entdeckergeist, Erfindungsgabe und die Lust am Lernen in den Mittelpunkt zu stellen. Denn, wer die nie gespürt hat, wird naturgemäß am „lebenslangen Lernen“ scheitern.  Ein Abschlusszeugnis, das Schülern „die Reife zum lebenslangen Lernen“ bescheinigt, wäre wahrscheinlich die ideale Voraussetzung für ein erfolgreiches Leben im Digitalzeitalter. Denn bei aller gefühlten Unsicherheit, ist eins ist sicher: Auf ‚Fertigkeiten‘ im engeren Wortsinn können wir uns künftig nicht mehr verlassen. Denn ‚fertig‘ im Sinne von abgeschlossen, ist in der Arbeitswelt von morgen nichts.“


Ein Beitrag von Sabine Bendiek
Vorsitzende der Geschäftsführung Microsoft Deutschland

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