AI zum Wohle der Gesellschaft: 15 Prozent der öffentlichen Organisationen in Österreich sind auf einem guten Weg

Microsoft und EY präsentieren eine Studie zu künstlicher Intelligenz (AI) im öffentlichen Sektor. Befragt wurden 213 Organisationen aus den Bereichen öffentliche Verwaltung, Gesundheits- und Transportwesen in Westeuropa, davon 26 aus Österreich.

  • 40 Prozent der österreichischen Befragten sehen AI als eine der wichtigsten digitalen Maßnahmen, erfahren jedoch weniger Unterstützung durch die Führungsebene als europäische KollegInnen.
  • 15 Prozent der Befragten aus Österreich haben bereits mehrere AI-basierte Lösungen implementiert – im Europa-Durchschnitt sind es nur 5 Prozent.
  • Daten und Technologie sehen 71 Prozent der europäischen Organisationen als wichtigste Komponenten für AI-Erfolg.
  • Mehr als die Hälfte der österreichischen Organisationen schätzen sich als hoch kompetent im Arbeiten mit Daten ein, wobei sie ihre Kompetenz am höchsten in der Verbesserung der Datenqualität sehen.
  • In Österreich fehlt es an Engagement der Führungsebene und an Fachkräften für künftige breitere Anwendung von AI im öffentlichen Sektor.

Künstliche Intelligenz (AI) hat das Potential, komplexe Herausforderungen unserer Zeit zu lösen: Von Klimawandel über soziale Ungerechtigkeit bis hin zu Gesundheitsversorgung und Prävention von Pandemien. EntscheidungsträgerInnen in Europa sehen sie als eine der wichtigsten digitalen Prioritäten. In Österreich gibt es im Europavergleich einen größeren Anteil von Organisationen, die bereits mehrere AI-Lösungen einsetzen. Die tiefgreifende Transformation von öffentlichen Dienstleistungen zum Wohle der Gesellschaft blieb allerdings bisher aus. Um das Potential von AI voll auszuschöpfen, fehlt es hierzulande an Engagement auf Führungsebene sowie an Fachkräften mit den gefragten Hard und Soft Skills.

Öffentlicher Sektor in Europa räumt AI hohe Priorität ein

Umfassend und richtig eingesetzt bietet AI für den öffentlichen Sektor die Chance, eine bessere Gesellschaft zu gestalten: Beispielsweise durch effizientere und personalisierte Dienste für BürgerInnen und Unternehmen oder im Rahmen der Bezwingung unvorhergesehener Herausforderungen, wie sie die Welt derzeit durch COVID-19 erlebt. Für 65 Prozent der Befragten ist AI eine der wichtigsten digitalen Prioritäten. Auch österreichische Organisationen sind am Einsatz von AI-Lösungen interessiert – hierzulande sehen 40 Prozent der Befragten AI ganz oben auf ihrer Digital-Agenda.

Um ein tieferes Verständnis von AI im öffentlichen Sektor zu erhalten, bietet die Studie Einblicke in die AI-Agenden wichtiger EntscheidungsträgerInnen aus Politik und Praxis, präsentiert Anwendungsfälle, Erwartungen und Auswirkungen und zeigt Erfolgsfaktoren und Potentiale von AI im öffentlichen Sektor auf. Die Studie basiert auf einer Befragung von über 200 politischen EntscheidungsträgerInnen und PraktikerInnen aus Organisationen der  Öffentlichen Verwaltung sowie des Gesundheits- und Transportwesens in 12 europäischen Ländern*, davon 26 aus Österreich**. Zusätzlich wurden über 60 Interviews geführt und über 50 Anwendungsfälle gesammelt, von denen die 16 relevantesten ausgewählt wurden.

Status Quo: Nur 4 Prozent der Befragten nutzen die transformative Kraft von AI

Rund zwei Drittel der Befragten in Europa haben bereits eine oder mehr AI-Lösungen in ihrer Organisation eingeführt. Allerdings geben 41 Prozent an, sich noch in einer frühen Phase ihrer AI-Entwicklung zu befinden. Sie setzen AI noch nicht zur Verbesserung ihres Kerngeschäfts ein, sondern überwiegend partiell zur Effizienz- und Qualitätssteigerung einzelner Tätigkeiten. Der umfassende Einsatz von AI ist jedoch die Voraussetzung für tiefgreifende Transformationen in öffentlichen Institutionen.

“Die Studie zeigt, dass der öffentliche Sektor beim Thema AI auf einem guten Weg ist. Der Start in kleinen Schritten ist für viele Organisationen genau richtig, um zu lernen und den Wert von AI zu erkennen. Um das volle Potential auszuschöpfen, bleibt aber noch viel zu tun: AI-Lösungen müssen in großem Maßstab implementiert werden. Dazu braucht es Arbeitskräfte mit den notwendigen Fähigkeiten”, Kathrin Wacker, Public Sector Lead bei Microsoft Österreich.

Lediglich 5 Prozent der europäischen Organisationen setzen laut der Studie Künstliche Intelligenz umfassend ein. In Österreich sind es hingegen bereits 15 Prozent. Mehr als die Hälfte der österreichischen Befragten geben außerdem an, hoch kompetent im Umgang mit Daten zu sein. Am kompetentesten sehen sie sich darin, die Datenqualität zu verbessern. Für 71 Prozent aller Befragten aus Europa sind Kompetenzen in Daten und Technologie die wichtigsten Fähigkeiten für den AI-Erfolg. Im Europa-Durchschnitt schätzen nur 11 Prozent ihre Kompetenzen in relevanten Fähigkeiten als hoch ein. Laut der Studie sind lediglich 4 Prozent der europäischen Organisationen sogenannte “Transformer”, die es geschafft haben, AI in großem Maße einzusetzen und dadurch umfassende organisatorische Veränderungen zu erzielen.

AI-Ziele und Anwendungen im öffentlichen Sektor: Vom Bürger-Chatbot bis hin zu lebensrettenden Diagnosen

Obwohl sich der Großteil der Organisationen in einer frühen Phase ihrer AI-Entwicklung befindet, erkennen viele bereits ihren Wert. 59 Prozent der Befragten sehen in optimierten Prozessen den Hauptvorteil von AI. Besonders in der öffentlichen Verwaltung erwartet man – neben verbesserten Dienstleistungen – optimierte Arbeitsschritte durch Automatisierung. Das österreichische Bundesministerium für Finanzen nutzt beispielsweise eine AI-basierte Lösung zur Untersuchung von Steuerhinterziehung. Mittels AI werden relevante Informationen aus riesigen Mengen unstrukturierter Dokumente extrahiert und können so von PrüferInnen effizienter bewertet und verarbeitet werden. Im Bundesministerium für Justiz kommt AI bei Gerichtsverfahren zum Einsatz, u.a. zur Analyse umfangreicher Gerichtsakten. Außerdem “übersetzt” ein Bürger-Chatbot Gerichtsverfahren und die juristische Terminologie in eine für Laien verständliche Sprache.

Im Transportwesen erwartet man neue Services durch autonome Transportmöglichkeiten und Mobility-as-a-Service. Ein optimierter Verkehrsfluss soll außerdem die Umweltbelastung reduzieren. Die ASFINAG nutzt AI-basierte Bilderkennung beispielsweise bereits für die Autobahnüberwachung und sieht Potential in der Echtzeit-Erkennung von Gefahrensituationen auf den Straßen.

Die höchsten Erwartungen an AI stellt das Gesundheitswesen: Neben Effizienzsteigerungen soll sie auch zur Fehlerreduktion und Verbesserung der Genauigkeit von Diagnosen beitragen und künftig genetisch individualisierte Behandlungen ermöglichen. Die Medizinische Universität Wien setzt AI beispielsweise bereits in der Krebsdiagnose ein – mittels Hybrid-Imaging können Tumore schneller, präziser und schmerzfrei erkannt werden. Das verkürzt die Diagnosezeit, verbessert die PatientInnen-Erfahrung und kann Leben retten.

Fehlendes Engagement der Führungsebene und Fachkräftemangel in Österreich

Die Studie unterstreicht, wie wichtig das Engagement der Führungsebene für den AI-Erfolg ist. Dieses gewährleistet den strategischen Fokus auf AI und die Investitionsbereitschaft. Dementsprechend leben Transformers ein höheres Engagement auf allen Führungsebenen als die restlichen Befragten. In österreichischen Organisationen ist die Unterstützung auf allen Führungsebenen geringer als im europaweiten Vergleich.

Weiters wird Nachholbedarf im öffentlichen Sektor bei der Anwerbung und Weiterbildung von Fachkräften aufgezeigt. Hier sehen öffentliche Organisationen derzeit ihre geringste Kompetenz. Die Förderung der Weiterbildung in den wichtigen Hard und Soft Skills der Zukunft, wie z.B. Data Science und Ingenieurswesen sowie Innovation und Zusammenarbeit, ist ein wichtiger Schlüssel zur breiten und erfolgreichen Anwendung von AI für die Gesellschaft. Um angemessene (Weiter-)Bildung für die ArbeitnehmerInnen der Zukunft zu gewährleisten, müssen Organisationen mit relevanten Stakeholdern zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass niemand zurückbleibt – weder BürgerInnen noch Angestellte des öffentlichen Sektors

Erfolgsfaktor Mensch

Für den Erfolg von AI ist es essenziell, die Rollen von Mensch und Maschine klar zu definieren. Um vertrauenswürdige, ethische Lösungen zu gewährleisten, muss der Mensch immer im Mittelpunkt stehen.

„AI-Lösungen müssen auf Basis menschlicher Bedürfnisse entwickelt werden. Sie müssen Menschen unterstützen, dürfen sie aber nicht ersetzen. Entscheidungen müssen immer vom Menschen getroffen werden, Künstliche Intelligenz legt den Grundstein dafür“, so Kathrin Wacker und führt aus: „AI-Lösungen müssen weiters inklusiv und allen Menschen gleichermaßen zugänglich sein und dem Wohle der Gesellschaft dienen. Nur wenn AI-Lösungen verantwortungsvoll entwickelt werden, lässt sich auch das nötige Vertrauen schaffen, das es für die künftige tiefgreifende Transformation des öffentlichen Sektors braucht.“

Weitere Informationen

Den gesamten Report „Artificial Intelligence in the Public Sector – How 213 Public Organizations Benefit from AI” mit den Ergebnissen für Österreich (auf Englisch) finden Sie hier.

* Die Studie wurde in folgenden Ländern durchgeführt:
Österreich, Belgien, Dänemark, Finnland, Irland, Italien, Niederlande, Norwegen, Portugal, Schweden, Schweiz und Spanien.

** Folgende österreichische Organisationen haben an der Studie teilgenommen:
AGES – Agentur für Ernährungssicherheit, Arbeitsmarktservice, ASFINAG, Bundesministerium für Finanzen (BMF),  Bundesministerium für Landesverteidigung (BMLV), Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz (BMJ), Bundesministerium für Justiz (BMJ), Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK
), Bundesrechenzentrum, Fonds Soziales Wien, Gemeindebund NÖ, GÖG – Gesundheit Österreich GmbH, KABEG, Kunsthistorisches Museum, Land Kärnten, Land Steiermark, Medizinische Universität Wien, NÖGUS, Schloss Schönbrunn Kultur- und Betriebs GmbH, Sozialministerium, Sozialversicherung der Selbständigen, Stadt Wien, Stadt Wiener Neustadt, Wiener Linien, ÖAD und ÖBB Group.

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