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„Es ist Zeit, das zweite Pferd zu satteln“

Die Blätter der Bäume wechseln bereits ihre Farben in warme Rottöne und die meisten von uns sind nach einem erholsamen und erlebnisreichen Sommer wieder im hektischen Getriebe des Alltags angekommen. Der Herbst ist da – mit vielen neuen Aufgaben und Herausforderungen –, aber ein Nachhall an den Sommer bleibt. Die vielen Erlebnisse, die schönen Reisen, die unvergesslichen Momente mit der Familie – und die Gedanken an die Bücher, die man gelesen hat.

Ein Buch hat mich besonders zum Nachdenken angeregt und ich möchte hier gerne einige Gedanken dazu mit Ihnen teilen.

Der Journalist Christoph Keese berichtet in seinem Buch „Silicon Valley“ (2014) von den Innovationen „aus dem mächtigsten Tal der Welt“ und beleuchtet Erfolgsmuster für disruptive Innovation. Also Innovation, die die ausgetretenen Pfade des arrivierten Geschäftsmodells verlässt und komplett neue Wege geht. Dabei spielt Digitalisierung eine große Rolle, da sie viele neue Wege erst ermöglicht und heute auch in Österreich der Motor für wirtschaftliches Wachstum bedeutet.

Klassische Business Modelle werden angegriffen
Keese spricht von Innovation als satteln des „zweiten Pferdes“ – ein Sprachbild, das mir besonders gefallen hat. Neben dem ersten Pferd, dem klassischen Business der traditionellen und oft noch immer sehr erfolgreichen Kerngeschäfte, wird dem „gesattelten zweiten Pferd“, der Innovation, immer größere Bedeutung für die Wirtschaftlichkeit und Konkurrenzfähigkeit eines Unternehmens zukommen. Warum? Weil das klassische Business zunehmend fundamental angegriffen werden kann und wird. Die Marktverhältnisse drehen sich heute schneller als in der Vergangenheit, neue aggressive Player tauchen auf und oft stellt sich die Frage: Wie lange geht es noch gut, das Geschäft nach althergebrachtem Modell?

Und wie ein Reiter, der eine Wüste oder Steppe durchquert, sollte auch ein Unternehmen mit einem zweiten Pferd vorsorgen. Um das erste Pferd entlasten zu können oder im Notfall auch komplett auf das zweite Pferd umzusatteln.

Innovationen auf Basis des bestehenden Know-how
Umgelegt auf die heutige Geschäftswelt ist ein zweites Pferd also eine Investitionsumgebung mit schnellen Entscheidungswegen und einer Kultur des Ausprobierens. Diese kann im eigenen Unternehmen geschaffen werden, ist aber immer öfter auch bewusst außerhalb der Stammorganisation angesiedelt. Wie beispielsweise Moia, das Mobilitäts-Start-up des VW Konzerns, in dem das Thema Mobilität und die Dienstleistungen rund um das Thema neu gedacht werden. Dies aber nicht einfach nur auf der grünen Wiese, sondern mit all dem Know-how und den Ressourcen des Mutterkonzerns im Rücken.

Ebenso wie „Mobilität“ können viele Produkte als reiner Service gedacht werden – Produkte die bisher am Markt nur in einer analogen Weise angeboten werden. So begreift etwa der Kranhersteller Palfinger das Heben von schweren Lasten als einen Service – sozusagen „HaaS“, Heben-as-a-Service –, der auch entlang eines digitalen Geschäftsmodells angeboten werden kann. Die technischen Lösungen sind heute vielfach vorhanden von Firmen wie Microsoft – die Innovation liegt im Businessmodel und der Verbindung der Kernkompetenz des Unternehmens mit einem Service- oder Dienstleistungsangebot. Dabei können Unternehmen auf Standardtechnologie setzten, welche skalieren und Automatisieren der Geschäftsprozesse möglich machen. Das ermöglicht schnelle Innovation und spart Kosten.

Auch beim heurigen Europäischen Forum Alpbach war das Thema Digitalisierung vieldiskutiert. Aus einer volkswirtschaftlichen Perspektive vor allem mit der Fragestellung verbunden, wie durch neue Geschäftsmodelle und neue Services auch neues Wachstum am Standort Österreich entstehen kann. Aber auch verbunden mit der etwas unbequemen Frage, warum Österreich im Bereich der Digitalisierung nicht im europäischen Spitzenfeld liegt.

Innovation wichtiger als Optimierung
Ein Grund dafür mag sein, dass wir in Österreich lieber optimieren als innovieren. Es herrscht eher der Gedanke der Geschäftsoptimierung, des Kostenoptimierens, des Reparierens, des Minimierens von Ausfallszeiten usw. vor, als ganz bewusst ein Risiko einzugehen und etwas völlig Neues auszuprobieren. Das bremst uns im internationalen Vergleich unnötig ein. Und nimmt uns das Tempo, das wir benötigen, um auf die richtigen Ideen zu kommen.

Daher hier mein Aufruf für eine „Innovation – heute!“. Schnelles Innovieren, Ausprobieren und dabei fängt man am besten bei den eigenen Schätzen an. Viele unserer Kunden sind nach Workshops mit uns oft überrascht, auf welchen Schätzen an Daten sie bereits sitzen, mit denen sie über moderne Analyseverfahren wertvolle Erkenntnisse über die eigenen Produkte und Dienstleistungen gewinnen können. Schätze, die der Grundstein für neue kommerzielle Geschäftsideen sind.

In diesem Sinne: Satteln Sie Ihr zweites Pferd!