Bonjour! Dag! ¡Bienvenidos! 良い一日! Hallo! Seeing AI jetzt in 5 neuen Sprachen verfügbar
Passend zum Internationalen Tag der Menschen mit Behinderung der Vereinten Nationen erweitert Microsoft die Sprachunterstützung von Seeing AI, die bislang auf Englisch beschränkt war, um fünf zusätzliche Sprachen: Deutsch, Französisch, Japanisch, Niederländisch und Spanisch. Damit wird Seeing AI, die auf künstlicher Intelligenz basiert, für Millionen von blinden und sehbehinderten Menschen rund um den Globus noch leichter zugänglich.
Die Weiterentwicklung der Technologie und der Einsatz von künstlicher Intelligenz wird in Österreich willkommen geheißen. Mag. Erich Schmid, Informatiklehrer am Blindeninstitut Wien und seit der Geburt blind, rückt die vielen Vorteile der Technologie in den Vordergrund: „Technische Entwicklungen haben sich bisher noch nie zum Nachteil von Menschen mit Blindheit oder Sehbehinderung ausgewirkt. Daher sehe ich künstliche Intelligenz nicht in erster Linie als Bedrohung, sondern als Chance.“
In seiner Rolle als Spezialist für Brailleschriften und technische Hilfsmittel ist er bei der Erstellung von nationalen und internationalen Normen beteiligt. Neben seiner Expertise im IT-Bereich ist der begeisterte Hobby-Schachspieler auch als Komponist und Chorleiter tätig. Er begrüßt Hilfsmittel wie Seing AI in deutscher Sprache, die eine vielfältige und möglichst barrierefreie Lebensgestaltung fördern.
„Richtig angewendet kann AI zu einem großartigen und vielseitig einsetzbaren Werkzeug werden. In Kombination mit Smartphones lassen sich Herausforderungen des Alltags wie Orientierung und der Zugang zu optischen Informationen leichter meistern“ so Schmid.
Die junge Japanerin Akiko Ishii wollte an einer Weiterbildung teilnehmen, um sich mit Computern vertraut zu machen und in einem Büro arbeiten zu können. Stattdessen wurde ihr gesagt, sie solle doch Massagetherapeutin werden, das sei ein guter Beruf für Menschen wie sie – blinde Menschen. Doch davon wollte Ishii nichts wissen.
Ishii, die nach einer Operation im Alter von 30 Jahren erblindete, war fest entschlossen, ihre Ziele zu erreichen. Diese Beharrlichkeit machte sich mit einem Job in der Personalabteilung eines IT-Unternehmens in Tokio bezahlt. Heute haben sie und ihr Ehemann ein Unternehmen, das Kurse aller Art – von Yoga bis hin zu Technologie-Know-how – für blinde und sehbehinderte Menschen anbietet.
Ishii ist daher eine vielbeschäftigte Frau. Mittlerweile wird sie bei ihrer Arbeit aber durch Seeing AI unterstützt, die kostenlose Microsoft-App für iOS für blinde und sehbehinderte Menschen. Ishii bezeichnet sie als ihren „Assistenten“. Mit verschiedenen „Kanälen“ bzw. Modi liest die Kamera-App gedruckte Texte ebenso wie Bargeld und beschreibt physische Objekte, Produktetiketten, Farben und vieles mehr.
„Jetzt kann ich auch Japanisch lesen. Und ich kann auch meine Post lesen, die ich in Papierform bekomme, das ist großartig“, sagt Ishii. Sie freut sich schon darauf, den Text-Kanal von Seeing AI, der Texte vorliest, sobald sie vor der Kamera erscheinen, und den Dokumente-Kanal zu verwenden, der längere gedruckte Texte vorliest. Bisher war das anders: „Gedruckte Texte musste ich mir immer von anderen Menschen vorlesen lassen. Aber jetzt kann ich sie endlich selbst lesen.“
Genau solche Rückmeldungen sind es, die Saqib Shaikh, dem Microsoft-Projektleiter und Mitbegründer von Seeing AI, der selbst blind ist, sehr viel bedeuten. „Weitaus mehr als die Technologie berührt mich, wie Menschen die Funktionen von Seeing AI angenommen und in ihren Alltag integriert haben“, sagt Shaikh. „Ich freue mich immer riesig, wenn Kunden erzählen, wie sie Seeing AI verwenden.”
Er erinnert sich beispielsweise an die E-Mail einer Frau, die mit der App handgeschriebene Briefe ihrer mittlerweile verstorbenen Mutter liest. Oder an einen Vater, der mit der Text-Funktion von Seeing AI seinem Sohn die Informationstafeln im Zoo vorlas. „Vorher war der Vater ein bisschen niedergeschlagen, weil er seinem Sohn im Zoo nichts zu den Tieren sagen konnte“, berichtet Shaikh. „Aber mit Seeing AI konnte er die Informationstafeln lesen. Und damit war er in der Lage, seinem Sohn zu erklären, wo Affen leben und was sie fressen – wie alle anderen Väter auch.“
Seeing AI wurde in englischer Sprache im Jahr 2017 veröffentlicht und ist in 70 Ländern verfügbar. Die App nutzt künstliche Intelligenz und unterstützt damit Menschen bei mehr als 20 Millionen Tätigkeiten. Bei der Entwicklung wurde auf ein inklusives Design geachtet, und mithilfe von gemeinnützigen Organisationen aus aller Welt wird die App von blinden und sehbehinderten Menschen getestet.
Einer dieser Tester ist Manuel Pereira aus Frankreich, der blind zur Welt kam. Er leitet die Abteilung für digitale Barrierefreiheit der Stiftung Valentin Haüy, die blinden und sehbehinderten Menschen dabei hilft, Arbeit zu finden, und ihnen weitere Dienstleistungen zur Unterstützung anbietet. In Frankreich sei Barrierefreiheit bei vielen physischen Bereichen vorgeschrieben. Bei Mobile- und Web-Anwendungen sehe das jedoch ganz anders aus, berichtet Pereira – einer der Gründe, weshalb er sich über die französische Version von Seeing AI freut.
Er betrachtet Seeing AI als seinen persönlichen Werkzeugkoffer. „Die App hat viele hilfreiche Funktionen, z. B. die Fähigkeit, kurze Texte zu lesen, Dokumente zu scannen oder Licht zu erkennen. Mich beeindruckt bei Seeing AI, dass es viele Tools gibt, die uns im Alltag mehr Selbstständigkeit verschaffen“, sagt er.
„Wenn ich z. B. einen Brief bekomme, finde ich dank der App schnell und einfach heraus, wer der Absender ist. Und ich kann den ganzen Brief entweder sofort lesen oder später, wenn er nicht so wichtig ist.“
Dass Seeing AI nun auch in seiner Muttersprache verfügbar ist, wird für den leidenschaftlichen Koch Cristian Sainz aus Spanien eine große Hilfe sein. Der 50-jährige Sainz verlor im Alter von 18 Jahren nach einem Autounfall sein Augenlicht. Heute ist er Leiter für digitale Arbeitsplätze bei der spanischen Blindenorganisation ONCE, die blinde und sehbehinderte Menschen unterstützt.
Als Koch und ehemaliger Restaurantbesitzer schätzt Sainz an der App besonders, dass sie ihm hilft, die Kochzutaten exakt abzuwiegen. Zwar besitzt er eine Waage, die das Gewicht vorliest, aber die kleinste Messeinheit, die das Gerät laut vermeldet, beträgt 5 Gramm. „Bei manchen Rezepten brauche ich 1 Gramm einer Zutat, nicht 5. Mit Seeing AI ist das kein Problem: Ich halte mein Smartphone mit dem Text-Kanal der App vor das Display der Waage, und Seeing AI liest mir das Gewicht vor. Dadurch kann ich jetzt auch Rezepte nachkochen, die bisher für mich nicht umsetzbar waren.“
Bereits zu einem früheren Zeitpunkt in diesem Jahr wurde Seeing AI um eine Funktion erweitert, die sich viele Benutzer gewünscht hatten: die Möglichkeit, Fotos und Bilder beschrieben zu bekommen – Familienbilder ebenso wie Fotos aus Social-Media-Kanälen. Mit dieser Funktion „kann ich leicht herausfinden, welche Informationen sich in Fotos verbergen“, sagt Sainz. „Ich wische mit dem Finger über das Display, und die App beschreibt mir, wo sich die Objekte in einer Szene befinden.“
Dem stimmt Florian Beijers aus den Niederlanden zu. In der Vergangenheit hatten Fotos kaum Bedeutung für den 27-Jährigen, der blind geboren wurde. „Jetzt kann ich quasi ,sehen‘, wo sich etwas in einem Bild befindet, was sich sonst noch im Bild befindet, in welcher Beziehung die Objekte zueinander stehen“, erläutert er. „Der Computerfreak in mir freut sich über diese Informationen.“
Es war dieser Freak in ihm, der dazu führte, dass Beijers Web Developer wurde – etwas, das potenzielle Arbeitgeber häufig überrascht, wenn sie ihn kennenlernen. Zwar ist den meisten bewusst, dass „blinde Menschen nicht mehr den ganzen Tag zu Hause sitzen und nichts tun“, so Beijers, „aber ich begegne nach wie vor Unternehmen, die erstaunt darüber sind, dass Blinde tatsächlich am Computer arbeiten können.“
Dass Seeing AI nun auch die niederländische Sprache unterstützt, werde den Alltag in einem Land, in dem die Barrierefreiheit verbesserungswürdig ist, drastisch vereinfachen, meint Beijers. In Restaurant sind häufig die Speisekarten nicht barrierefrei. „Oft fehlt eine Online-Version der Speisekarte, die man auf dem Smartphone aufrufen kann.“
Für ihn ist der Dokumente-Kanal von Seeing AI „extrem hilfreich, besonders für Speisekarten“. Dieser Kanal bietet Audiounterstützung zur Erfassung eines gedruckten Textes und erkennt den Text samt seiner ursprünglichen Formatierung.
Domingos de Oliveira, ein Experte für digitale Barrierefreiheit aus Deutschland, sagt, es gebe einen schönen Ausdruck, der genau auf Seeing AI zutrifft: „Die App ist wahrlich ein ,Schweizer Taschenmesserʻ.“
De Oliveira, der blind geboren wurde, sagt, ihm „blieb im Endeffekt nichts anders übrig, als sich intensiv mit Technologien auseinanderzusetzen“, als er jünger war. „Ich konnte meine Hausaufgaben nicht per Hand erledigen und auch keine handschriftlichen Briefe verfassen. Daher war ich von Anfang an sehr an Technologien interessiert, um die Hürden zu umgehen, die man als blinder Mensch hat.“
Er arbeitet für die Organisation Aktion Mensch, die Geld sammelt und Projekte für behinderte Kinder und Erwachsene unterstützt. „Viele Deutsche haben Seeing AI bislang nicht verwendet, weil ihr Englisch nicht gut genug ist, um die englische Stimme [der App] zu verstehen“, berichtet er. „Die deutsche Version von Seeing AI wird die Nutzung der App deutlich steigern.“
Akiko Ishii denkt, dass dies in Japan genauso sein wird. “In Tokio sei das Bewusstsein für Barrierefreiheit hoch”, erzählt sie, aber „außerhalb der Stadt ist es sehr schwierig. In ländlichen Regionen werde kaum Technologie verwendet”, sagt sie, “daher werde Seeing AI als kostenlose App eine enorme Hilfe darstellen”.
Ishii nutzt den Szene- und den Person-Kanal regelmäßig, um die Menschen in ihrer direkten Umgebung zu erkennen und zu beschreiben – auch ihre dreijährige Tochter Ami. „Mit dieser Funktion lasse ich mir erzählen, was Ami gerade macht“, so Ishii. Wenn Ami ihre Mutter um Schokolade bittet, kann Ishii in der Küche mit der App „den Barcode der Schokolade lesen. So weiß ich genau, welche Schokolade sie will“. Diese Unabhängigkeit ist ihrer Meinung nach unbezahlbar.
„Was mir so gut an Seeing AI gefällt, ist die Tatsache, dass man diese App mit ihren unzähligen Funktionen für so gut wie alles verwenden kann“, sagt Ishii. „Seeing AI ist mein persönlicher Assistent geworden und bietet mir die Unterstützung, die ich brauche, damit ich mich um meine Tochter kümmern kann.“
Die App mit Unterstützung für deutsche, englische, französische, japanische, niederländische und spanische Sprache ist zum kostenlosen Download im Apple App Store verfügbar. Mehr Informationen über die App findet ihr hier.