Was kann künstliche Intelligenz (KI) tatsächlich? Steckt dahinter das überlegene kybernetische Bewusstsein von HAL 9000 aus „2001 – Odyssee im Weltraum“ oder doch eher eine schlichte Automatisierung? Mein Kollege Oliver Gürtler hat kürzlich drei praktische Anwendungsbeispiele für KI im Mittelstand vorgestellt – von der Bierbrauerei bis hin zur effizienteren Auftragserfassung. Fest steht: KI ist nicht nur für große Unternehmen anwendungsreif. Wir müssen jedoch auch verantwortungsvoll mit ihr umgehen.
KI ist, entgegen vieler utopischer oder dystopischer Science-Fiction-Filme aus Hollywood, weder per se gut noch böse. Künstliche Intelligenz ist abhängig von den Daten, die sie analysiert und mit denen ihre Algorithmen trainiert werden. Sind die Daten ungenügend („Garbage in, Garbage out“), werden die Ergebnisse nicht besser sein können. Das gilt für Vorhersagen über den Zustand von Maschinen, aber noch viel mehr für Aussagen, die eine KI über Menschen trifft, sei es bei der Diagnoseunterstützung von Röntgenaufnahmen oder der Beurteilung der Kreditwürdigkeit. Umso wichtiger ist es, dass wir uns intensiv damit auseinandersetzen, wie wir KI fair und zuverlässig gestalten. Und zwar so, dass sie Vorurteile und Voreingenommenheiten erkennbar macht, anstatt sie nicht wahrnehmbar zu befördern.
Sozialkompetenz und Empathie im Umgang mit KI
Besonders sensibel müssen wir sein, wenn es um die Rechte von Menschen und ihre körperliche und geistige Unversehrtheit geht. Keine KI sollte allein darüber entscheiden, ob eine Person einen Kredit, einen Job oder einen Mietvertrag erhält – oder wie ein Röntgenbild zu interpretieren ist. Maschinelles Lernen kann zum Beispiel im Gesundheitswesen dabei helfen, Diagnosedaten zu interpretieren und daraus Empfehlungen für Therapien auszusprechen. Aber die Entscheidung, welche Therapie die Ärzt*innen ihren Patient*innen tatsächlich empfehlen, sollen allein die menschlichen Expert*innen treffen. Wir brauchen ein hohes Maß an Sozialkompetenz und Empathie im Umgang mit KI, damit wir falsche Entscheidungen durch menschliches Ermessen verhindern.
Wenn wir über verantwortungsvolle KI sprechen, dann nicht nur, weil wir das unseren Kunden empfehlen. Auch für uns bei Microsoft ist das Thema verantwortungsvolle KI von großer Bedeutung. Daher halten wir bei der Entwicklung von KI-Technologien und -Services eigene Richtlinien ein. Wir begrüßen eine Regulierung des Umgangs mit KI, wie sie die Europäische Union mit dem EU Artificial Intelligence Act auf den Weg bringt.
Wie KI dem Mittelstand nützt
Ich höre im Gespräch mit mittelständischen Unternehmen oft die Sorge, dass KI-basierte Technologien allmählich den Großteil der Arbeitsplätze übernehmen würden. Roboter mit KI können heute einfache, sich wiederholende Tätigkeiten übernehmen, die in gefährlichen oder schmutzigen Umgebungen geleistet werden. Das ist eine Unterstützung und Entlastung für menschliche Arbeitskräfte. Komplexe, intellektuell herausfordernde Aufgaben, ihre Abstraktion und Übertragung auf andere Handlungsfelder kann KI weder heute noch in naher Zukunft bewältigen; von diesem Ziel sind wir im Moment noch weit entfernt. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz fasst das in seiner Broschüre „Künstliche Intelligenz im Mittelstand“ treffend zusammen: „KI ersetzt den Menschen nicht, sie unterstützt ihn.“
KI verrichtet schon heute nützliche Dienste, etwa in der Medizin, der Landwirtschaft oder der Logistik: Sie hilft bei der vorausschauenden Wartung von Maschinen und Anlagen, beim Recruiting sowie dabei, Entscheidungen für den Einkauf oder die Produktentwicklung vorzubereiten. Grundsätzlich hilft KI, den neuen, wertvollen Rohstoff zu nutzen – Daten. Wenn Unternehmen diese Nutzung mit Hilfe von KI gelingt, werden auch neue Arbeitsplätze geschaffen, etwa im Bereich der Datenerzeugung, Datenpflege und Datenauswertung.
Damit solche Arbeitsplätze entstehen, müssen Unternehmen lernen, mit Daten zu arbeiten; wissen, über welche Daten sie verfügen und welche fehlen. Und sie müssen wissen, woher sie fehlende Daten bekommen, ob aus dem eigenen Unternehmen oder von Dritten, möglicherweise in Form von Open Data. Unsere Wirtschaft entwickelt sich auch in Richtung einer Datenökonomie. Das betrifft nicht nur Großunternehmen, die öffentliche Verwaltung und die Gesellschaft, sondern Unternehmen jeder Größe. Sie müssen Datensilos aufbrechen und schauen, wie sie Daten so nutzen, dass sie ihr Geschäftsmodell weiterentwickeln können. Diese Kompetenzen können sie jetzt aufbauen – und sie sollten es tun!
KI für den Mittelstand
Die Welt bewundert den Erfindungsgeist und die Umsetzungskompetenz unseres Mittelstands. Für uns in Deutschland ist er das Rückgrat unserer Volkswirtschaft. Damit wir weiter erfolgreich sind, brauchen wir einen starken Mittelstand, der die Chancen nutzt, die ihm moderne Technologie wie KI bietet.
Genau hier gibt es aber noch Nachholbedarf: Momentan setzen nur sechs Prozent der deutschen Unternehmen auf KI-basierte Lösungen, die wenigsten von ihnen sind klein oder mittelständig. Die Hauptgründe dafür sind besonders bei kleinen und mittleren Unternehmen fehlendes Know-how und der Mangel an Fachkräften.
Weil wir diese Vorbehalte und Herausforderungen kennen, ist es uns ein Anliegen, KI zu demokratisieren und Unternehmen jeder Größe dabei zu unterstützen, diese Zukunftstechnologie zu adaptieren. Dafür bieten wir gemeinsam mit unseren Partnern eine große Zahl von Lösungen, die sich leicht an die Bedürfnisse auch kleinerer Unternehmen anpassen lassen. Mit speziellen Weiterbildungsinitiativen, darunter Skills4Mittelstand, helfen wir besonders mittelständigen Unternehmen, dem Mangel an Know-how durch Weiterbildung der eigenen Fachkräfte entgegenzuwirken und damit zwei Herausforderungen auf einmal zu lösen. Und wir bieten direkte Lernpfade eigens für Unternehmen in unserer AI Business School an.
Gerade jetzt ist es umso wichtiger, sich an die Gestaltung der Zukunft zu machen. Das heißt auch für kleine und mittelgroße Firmen, dass sie den Einstieg in KI wagen, damit sie als Unternehmen und wir als Gesellschaft bei der Nutzung dieser Technologie vorankommen. Deutschland hat einen Ruf zu verteidigen, den Ruf als Land der Innovationen. Es gibt keinen besseren Zeitpunkt dafür, als jetzt damit zu beginnen, künstliche Intelligenz einzusetzen!
Weitere Informationen zum Thema Responsible AI und Mittelstand finden Sie im KI-Portal auf unserer Webseite sowie im Microsoft Newscenter:
- Richtlinien und Tools für verantwortungsvolle KI | News Center Microsoft
- Neues Toolkit für verantwortungsvolle KI | News Center Microsoft
- Die Bausteine für einen verantwortungsvollen Einsatz von künstlicher Intelligenz | News Center Microsoft
- Künstliche Intelligenz im Mittelstand? Unbedingt mehr davon! | News Center Microsoft
Ein Beitrag von Thomas Langkabel
National Technology Officer bei Microsoft Deutschland