Impfstoffe mit Vakuumtechnologie um die Welt schicken
Enterprise Resource Planning im deutschen Mittelstand mit Dynamics 365
Die Entwicklung von thermischen Verpackungssystemen auf Basis von Vakuumtechnologie wurde von dem mittelständische Unternehmen va-Q-tec aus Würzburg richtungsweisend vorangetrieben. Sie stellen sicher, dass die Kühlkette beim Transport von temperaturempfindlichen Waren nicht unterbrochen wird. Damit bringt sich das Unternehmen auch im Rahmen der Initiative COVAX für einen gleichmäßigen und gerechten Zugang zu COVID-19-Impfstoffen ein. Ausgerechnet als die COVAX-Lieferungen einen absoluten Höhepunkt erreichten, wechselte va-Q-tec mit seinem ERP-System in die Cloud und setzt bei der Ressourcenplanung auf Dynamics 365.
Es ist neun Uhr morgens auf dem Flughafen in Nairobi. Das Thermometer zeigt 26 Grad, im Tagesverlauf sollen es weit über 30 Grad werden. Der Container, der gerade aus der Frachtmaschine aus Kanada ausgeladen wird, trägt das Logo von va-Q-tec und ist mit COVID-19-Impfstoff zur Verteilung an medizinische Einrichtungen in Kenia beladen. Lagertemperatur zwischen -25 und -15 Grad, denn bei Temperaturen darüber zerfällt das empfindliche Biomolekül mRNA und der Impfstoff wird unwirksam. Bis zu zehn Tage hält ein va-Q-tainer die Temperatur konstant. Doch die Uhr tickt, während die Ladung in der ostafrikanischen Sonne auf ihren Weitertransport wartet.
„Wir tragen große Verantwortung“, sagt Dr. Joachim Kuhn, CEO bei der va-Q-tec AG. Das Unternehmen liefert schon seit Jahrzehnten Impfstoffe in die ganze Welt, doch die Zusammenarbeit mit COVAX stellt andere Ansprüche als bisher. Nicht an die Temperatur, sondern an das Tempo. „Die Spenden aus den Geberländern kommen oft sehr kurzfristig – wir haben meist nur einen Vorlauf von ein bis zwei Wochen.“ In dieser Zeit muss das passende thermische Verpackungssystem am richtigen Ort bereitgestellt und der Transport per Flugzeug organisiert werden.
Thermische Lösungen „Made in Germany“
Als in den 1990er Jahren der Grundstein für das Unternehmen gelegt wurde, war COVID-19 noch in ferner Zukunft. Die Wissenschaftler Joachim Kuhn und Roland Caps arbeiteten am Zentrum für Angewandte Energieforschung (ZAE Bayern) in Würzburg an der Entwicklung neuartiger Dämmstoffe für die Bauindustrie, die sich das Prinzip des Vakuums in einer Thermoskanne zunutze machen. Ihre neuartigen Vakuumisolationspaneele (VIP) dämmten etwa zehnmal besser als konventionelle Faser- und Schaumdämmstoffe.
Nach der Ausgründung aus dem ZAE Bayern im Jahr 2001 spezialisierte sich va-Q-tec auf Verpackungslösungen mit den Paneelen als Basis. „Wie so oft bei Start-ups gibt es glückliche Zufälle“, erinnert sich Joachim Kuhn. Nur zwei Jahre später boomte die Biotechnologie-Branche und immer mehr Medikamente wurden temperatursensibel. „Wir konnten einen der großen Pharmaplayer von unseren Produkten überzeugen: Unsere Thermoverpackungslösungen bieten eine konstante Temperatur über Tage – und das ohne Strom und unabhängig von der Außentemperatur.“
Rund 20 Jahre, 220 Patente und Patentanmeldungen später ist der Mittelständler va-Q-tec zum globalen Serviceanbieter geworden. Produziert wird immer noch in Würzburg und zum großen Teil im Werk im thüringischen Kölleda. Die Technologien des Unternehmens finden Anwendung in Kühl- und Gefriergeräten, Gebäuden, Industrie sowie in Fahrzeugen und Flugzeugen. Einer der wichtigsten Geschäftszweige ist nach wie vor der Transport von Pharmaprodukten.
So ist seit 2011 Stück für Stück eine weltweite Mietflotte entstanden: Firmen weltweit buchen einen bestimmten Temperaturbereich für ihre Ware und bekommen das System vorkonditioniert, also bereits gekühlt, zur Verfügung gestellt. Partnerunternehmen übernehmen den fristgerechten Transport an jeden Ort der Erde. Rund 350.000 thermische Transporte führt va-Q-tec pro Jahr durch.
Joachim Kuhn zieht den Vergleich mit einer Autovermietung: Wer einen Container in Los Angeles bucht, möchte ihn vielleicht in Tokio zurückgeben. „Um die Bewegungen aller Boxen und Container und deren Verfügbarkeit zu steuern, hatten wir in der IT mehrere Parallelsysteme im Einsatz, zum Teil basierend auf Excel-Listen. Unzählige E-Mails wurden gesendet und empfangen. Wir sind in den letzten Jahren massiv gewachsen und entschieden uns für die Einführung eines integrierten Systems mit all seinen Vorteilen.“
Vom Rechenzentrum in die Cloud
Eine Effizienzsteigerung war das Ziel. Auch, um der Verpflichtung im Rahmen der COVAX-Initiative gerecht zu werden. Schon im Vorfeld zeichnete sich ein Peak zum Ende des Jahres 2021 ab: Der politische Druck stieg, Regierungen gaben Impfstoffe ab, deren Haltbarkeitsende näherte sich, die Zeit drängte. Für das Enterprise Resource Planning nutzte va-Q-tec bis dahin Navision, den Vorgänger von Dynamics – eine Lösung, die mit dem Unternehmen gewachsen war. Das neue ERP-System sollte dem globalen Geschäft und den Vertriebstätigkeiten der Tochtergesellschaften in zehn Ländern gerecht werden.
Der Weg führte vom Rechenzentrum in die Cloud. va-Q-tec machte dabei gleich mehrere Schritte auf einmal und wechselte von Navision auf Microsoft Dynamics 365. „Nur über COVAX wurden bis Januar 2022 weltweit eine Milliarde COVID-19 Impfdosen verteilt. Allein im Dezember 2021 waren es 300 Millionen Dosen“, so Joachim Kuhn. „Dabei hat va-Q-tec einen signifikanten Anteil übernommen. Wir mussten sehr schnell reagieren, um die Impfstoffe zu den Menschen zu bringen.“ va-Q-tec vertraute auf die Unterstützung des Microsoft Partners Kumavision. Die Experten für integrierte Softwarelösungen für den Mittelstand sind einer der weltweit führenden Microsoft Dynamics Integrationspartner.
Dynamics 365: Einführung unter Volllast
Die „Einführung unter Volllast“ gelang nicht nur, sie eröffnete neue Potenziale: „Wir sind stark gewachsen, haben zehn Standorte und steuern auf einen Umsatz von 100 Millionen Euro zu. Dynamics 365 war die richtige Jacke für uns. Es waren auch andere Anbieter im Gespräch, aber Microsoft hatte mit Dynamics eine Lösung auf Augenhöhe – und keinen Riesen-Tanker, der auf uns heruntergebrochen werden musste“, so Dr. Michael Schüle, Global Head of IT bei der va-Q-tec AG. Außerdem waren die Mitarbeitenden bereits ins System eingearbeitet und kannten die Prozesse. Sie schätzen die intuitive Benutzeroberfläche und einfache Bedienbarkeit von Dynamics 365. Zuvor definierte Key-User waren eingebunden und konnten mitentscheiden – auch das trug von Beginn an zu hoher Akzeptanz bei.
Wer sich heute an den Rechner setzt, muss keine E-Mail mehr aufmachen oder Excel-Liste ziehen, weitere System öffnen und überprüfen, ob die Datenbestände auch wirklich identisch sind. Es gibt ein zentrales Tool, das alle Informationen bietet und mit dem nahtlos international gearbeitet werden kann. Dynamics 365 passt sich an die unterschiedlichen Anwendertypen im Unternehmen an und zeigt wahlweise Logistik- oder Vertriebskennzahlen, Finanzströme oder den Zustand der Mietflotte. Und wenn ein neuer, vielleicht abgegrenzter Geschäftsbereich andere Reportings benötigt, lassen die sich sehr einfach zusammenstellen.
„Der Megatrend thermische Energieeffizienz ist untrennbar mit uns verbunden“, so Joachim Kuhn. „Unsere Vision ist es, dass im Jahr 2030 jeder Mensch einmal am Tag direkt oder indirekt mit einem unserer Produkte zu tun hat.“ Eine besondere Rolle kommt dem Ausbau temperaturkontrollierter Lieferketten zu – die Boxen und Container von va-Q-tec sollen künftig mit Konnektivität ausgestattet jederzeit in Echtzeit zu orten sein. Alle Daten laufen in Dynamics 365 zusammen.
Joachim Kuhn ist sich sicher, dass mit dem Durchbruch von mRNA auch der Bedarf an thermischen Transporten weiter steigen wird: „Künftig könnten sich damit auch Krankheiten wie Krebs oder Multiple Sklerose besser therapieren lassen. Natürlich werden nicht alle temperatursensiblen Pharmaprodukte von uns transportiert – aber zumindest in den meisten Fällen mit Technologien, die bei uns im Haus entstanden sind. Dieser Entwicklung sehen wir mit Dynamics 365 zuversichtlich entgegen.“
Der va-Q-tainer auf dem Flughafen von Nairobi ist mittlerweile unterwegs zu seinem Zielort. Ein Lastwagen bringt ihn nahtlos zu einem Verteilzentrum, von wo aus die Impfstoffe an Krankenhäuser und andere Einrichtungen verteilt werden. Die Außentemperatur auf der Ladefläche des Lastwagens beträgt 32 Grad. Die Innentemperatur im Container konstant -20 Grad. Für bis zu zehn Tage ohne Elektrizität dank der Vakuumisolationspaneele aus Deutschland.
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