Als Hersteller eines der meistgenutzten Bürosoftwarepaketes der Welt kennt Microsoft die Bedürfnisse von modernen Wissensarbeitern wie kaum ein anderer. Was hat sich in 25 Jahren – seit der Veröffentlichung der ersten Office-Version – geändert? Wo liegen die Unterschiede zwischen dem Büroarbeitsplatz von 1989 zu dem von 2014?
Als Microsoft Office vor 25 Jahren auf den Markt kam, war Papier noch das wichtigste Trägermedium für Informationen. Es folgten für Archivierung und Transport die ersten digitalen Medien: Disketten, CDs, DVDs. Papier blieb dessen ungeachtet das erste Mittel der Wahl, wenn es darum ging, Informationen zu verbreiten oder zu archivieren. Das hat sich über die 25 Jahre Office komplett verändert: Microsoft Office ist längst kein besseres Druckstudio mehr; es ist eine digitale und vernetzte Suite von Produktivprogrammen für die Büroarbeit. Es erlaubt Arbeitsprozesse ohne Medienbrüche – von der Erstellung und Bearbeitung eines Dokuments bis hin zum Versand und zur Distribution ist die Kette durchgehend digital – egal, von welchem Gerät aus Sie mit Microsoft Office produktiv sind. Das hat es erst möglich gemacht, dass es in der Verwaltung eines modernen Unternehmens keinen einzigen Bereich mehr gibt, der nicht mithilfe von Informations- und Kommunikations-Technologien sein Business plant, durchführt und auswertet. Hier war Microsoft als Anbieter von Unternehmenslösungen einer der wichtigsten Treiber. Aber ohne den Druck, den Mitarbeiter und ein globaler Wettbewerb zugleich auf Unternehmen, ihre Art der Zusammenarbeit und Innovationskraft ausüben, wäre die Digitalisierung nicht so schnell vorangetrieben worden. Wissensarbeiter heute setzen auf moderne Unternehmenstechnologien, die ihnen unterwegs, im Home Office oder im Büro zur Verfügung stehen.
Sie sprechen es an: Nur ein technologischer Impuls von außen sorgt nicht automatisch dafür, dass sich Prozesse in einem Unternehmen ändern?
Genau! Unternehmen sind soziale Einheiten, die auf gewachsenen Organisationskulturen basieren, die man nicht per plötzlicher Direktive umkrempeln kann. Es muss ein langfristiges, grundsätzliches Umdenken vom Chef bis zur operativen Ebene stattfinden. Um dies zu unterstützen, haben wir mit dem „Manifest für ein neues Arbeiten” und unserem „Social Enterprise Knigge” Orientierungshilfen entwickelt, die eine Debatte zum vernetzten Arbeiten in Deutschland maßgeblich geprägt haben. Der entscheidende Schritt muss natürlich von Unternehmen selbst kommen. Aber sie sollten sich bewusst sein: wer sich nicht den modernen Arbeitserfordernissen anpasst, wird mittelfristig Mitarbeiter verlieren, keine Talente der Generation Y binden und langfristig scheitern.
Eine solch gravierende Kulturrevolution lässt sich ja nicht von außen steuern. Dazu muss eine intrinsische Motivation vorliegen. Was sind aus Unternehmer-Sicht die Vorteile eines vernetzten, mobilen Office?
Die Vorteile sind in vielen Bereichen spürbar. Das mittlere Management profitiert durch geringeren Koordinationsaufwand. Vorgesetzte ermöglichen ihren Beschäftigten durch Office in der Cloud mehr Verantwortung und Initiative zu übernehmen. Dadurch können diese schneller agieren und Aufgaben mit weniger Reibungsverlusten erledigen. Das haben wir beispielsweise auch beim Start-up FlixBus gesehen, das nun den bayrischen Gründerpreis gewonnen hat. Wir begleiten die drei Gründer und ihr wachsendes Team seit der ersten Minute mit Office 365. Die Kommunikation und Zusammenarbeit im Unternehmen und mit Kunden funktioniert reibungslos, der Koordinationsaufwand ist deutlich reduziert, eine professionelle Dokumentenablage garantiert. Das Gesamtunternehmen profitiert durch bessere betriebswirtschaftliche Kennziffern, weil es schneller auf Marktbewegungen reagieren kann und näher am Kunden ist. Unternehmen wie RWE und BASF rüsten dementsprechend um. Heute vertrauen mehr als zwei Drittel der DAX-30-Konzerne in Deutschland auf die Microsoft Cloud – Tendenz steigend.
Für Großunternehmen mit Finanzpower ist es leichter zu verkraften, die Büro-IT zu modernisieren. Werden die kleinen Unternehmen abgehängt?
Absolut nicht. Der Vorzug von Cloud-IT ist ja gerade, dass sie flexibel skalierbar ist und mit dem Unternehmen wächst. Man braucht nicht mehr Ressourcen zu beschaffen als man eben wirklich braucht. Man kann sich aufs Kerngeschäft konzentrieren. Wir wissen von vielen Unternehmen, die ihre Verwaltungskosten schlank kalkulieren müssen, dass sie Office 365, Sharepoint, Yammer, Lync und andere Cloud-Produkte für ihre Wissensorganisation nutzen. Dazu zählen Werbeagenturen, Fachzeitschriftenverlage aber auch Hilfsorganisationen wie der Malteser Hilfsdienst, der seine ehrenamtlichen Tätigkeiten mit Microsoft SharePoint organisiert.
Kommen wir zurück auf das Thema „Arbeitskultur”. Was steckt hinter dem „Manifest für ein neues Arbeiten”?
Zur aktuellen Debatte, wie wir in Zukunft arbeiten wollen, haben wir mit dem „Manifest für ein neues Arbeiten” einen eigenen Standpunkt entwickelt. Wir fordern eine Debatte für die Arbeitswelt, lehnen klassische 9to5-Jobs ab und begleiten Unternehmen auf dem Weg ins Social Enterprise. Vor uns liegen viele Trends, die bisweilen noch unverknüpft betrachtet werden. Dazu gehört Büroarchitektur genauso wie ein neuer Führungsstil im Unternehmen und Technologien, die uns wie ein Netzwerk arbeiten lassen. Klare Handlungsempfehlungen, wie wir die Möglichkeiten der Digitalisierung in unser Leben integrieren und optimal für uns nutzen können, lassen sich bisher jedoch nur schwer ableiten. Fakt ist: Noch findet Wissensarbeit vor allem am Schreibtisch und zu festen Zeiten statt, noch dominieren starre Hierarchien vor flexiblen und kundenorientierten Netzwerkorganisationen. Noch hinkt die Infrastruktur in Deutschland hinter den Möglichkeiten der Technik hinterher. Noch ist Arbeiten so, wie wir es uns vorstellen, nicht immer realisierbar. Unser Manifest für ein neues Arbeiten ist ein Anstoß, der die Debatte ganzheitlich ins Rollen bringen soll. Auch wollen wir an den Antworten auf diese Fragen für den Standort Deutschland mitarbeiten.
Spricht man vom Office der Zukunft, ist auch immer von der viel zitierten „Work-Life-Balance” die Rede. Ist es denn eher Fluch oder Segen für Angestellte, wenn die Grenze zwischen Beruf und Privatleben immer mehr verschwimmt?
Zunächst mal ist die Möglichkeit, vernetzt, zeit- und ortsunabhängig zu arbeiten, weder Fluch noch Segen. Es mag wie eine Phrase klingen, aber tatsächlich kommt es darauf an, wie man diese Möglichkeiten nutzt. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Arbeit und Leben gibt es nicht automatisch. Wir – damit meine ich moderne Wissensarbeiter – lernen gerade, wie wir am besten mit modernen Werkzeugen, Arbeitsverhältnissen und Verantwortlichkeiten umgehen. Es wäre aber auch wünschenswert, wenn Führungskräfte in ihrer Multiplikatoren-Funktion dies vorlebten und ihre Teams dazu anleiten würden, diese Freiheiten verantwortungsvoll zu nutzen – sowohl gegenüber dem Arbeitgeber als auch gegenüber sich selbst. Wir haben unser Manifest für ein neues Arbeiten bewusst unter den Titel „Sie nennen es Arbeit – für uns ist es unser Leben” gestellt. Wir wollen unsere Kollegen und Mitarbeiter treffen, auch wenn wir selber zuhause, mit unseren Kindern auf dem Spielplatz oder in der Pause auf der Wiese sitzen. Wir wollen keine 9to5-Jobs machen, aber auch nicht solche, bei denen wir unsere Lebenspartner und Kinder nicht zu Gesicht bekommen. Was spricht dagegen, Arbeit und Freizeit, Freizeit und Arbeit miteinander zu mischen und dann produktiv, kreativ und regenerativ zu sein, wenn es möglich oder nötig ist? Es spricht viel dafür!
Lassen Sie uns abschließend voraus blicken. Office Graph soll alle für den Benutzer relevanten Informationen mit nur einem Klick zugänglich machen können. Dahinter steckt ein selbstlernender Algorithmus. Wie viel Potential steckt dahinter?
Bei Office Graph handelt es sich um eine Art intelligente Suche, deren Startbildschirm personalisiert ist. Office Graph und die dazugehörige Applikation mit dem Codenamen „Delve“” zeigen schon viel von dem Potential, welches selbstlernende Systeme bieten. Wir haben damit die Suche im Unternehmensnetzwerk neu erfunden und werden hier auch weiterhin den Fokus setzen. Die wichtigsten Themen dabei sind uns die personifizierte Suche in einem immer schlauerer werdenden System, sowie die Möglichkeit, Inhalte aller Art zusammen zu stellen – egal ob Blogs, Webseiten, Dokumente, Mails oder Termine. Und warum machen wir das? Auf diese Weise geben wir den Menschen Instrumente an die Hand, die ihn durch seinen Arbeitstag begleiten und ihn schneller und effizienter werden lassen – und ihn damit so unterstützen, wie er arbeiten möchte. Das heißt, wir gehen weg von Listendarstellungen und hin zu ansprechend visualisierten Informationen zu jedem Inhalt. Wir machen aus den Unternehmensinformationen ein durchsuchbares Netzwerk. Das Potential in dieser Richtung ist unglaublich groß.
Herr Hübschen, wie sieht für Sie das Office in 25 Jahren aus?
Die Technologie, die jetzt bereits verfügbar ist, wird stetig weiterentwickelt und verbessert werden. So werden virtuelle Meetings Standard sein. HD-Videos lassen die Meetings dabei erlebbarer und einfacher werden. Ungefähr die Hälfte aller Mitarbeiter wird in naher Zukunft von zu Hause oder mobil arbeiten, die Zahl der reinen Präsenzmitarbeiter wird abnehmen. Insgesamt werden Arbeitsmodelle also flexibler werden und Unternehmen vielmehr wie ein Netzwerk agieren. Das bedeutet auch, dass Unternehmensinhalte für jeden Mitarbeiter personalisiert und im Kontext mit den jeweiligen Kollegen auf Knopfdruck verfügbar sind. Unternehmenswissen wird transparenter werden, wobei der Datenschutz mit sämtlichen Auflagen und Regeln respektiert wird. Ich bin zuversichtlich, dass Microsoft auch für den Arbeitsplatz in 25 Jahren ein verlässlicher Partner sein wird, der den Weg des vernetzten Arbeitens als Vordenker vorantreiben wird und stets den Dialog und Austausch sucht.
Über Dr. Thorsten Hübschen
Thorsten Hübschen, Business Group Lead der Microsoft Office Division (MOD), wurde im August 1974 geboren – exakt acht Monate bevor Bill Gates Microsoft gründete. Aufgewachsen zwischen Rechenzentrum und C++, wurde er in reiner Mathematik (Funktionentheorien) mit Nebenfach Informatik promoviert. Zuletzt bei McKinsey im Business Technologie Office tätig, treibt er nun als Direktor der Microsoft Office Division seine Vision für die Arbeitswelt der Zukunft voran. Dr. Thorsten Hübschen ist verantwortlich für Microsoft Office, das Unternehmensnetzwerk Yammer und Kommunikation via Lync in Deutschland. Mit Office Graph und „OSLO” will Dr. Thorsten Hübschen Unternehmen als agile Netzwerke für Kunden, Mitarbeiter und Produktinnovationen dezentral und transparent zusammenführen.
Microsoft Deutschland GmbH
Die Microsoft Deutschland GmbH ist die 1983 gegründete Tochtergesellschaft der Microsoft Corporation/Redmond, U.S.A., des weltweit führenden Herstellers von Standardsoftware, Services und Lösungen mit 77,85 Mrd. US-Dollar Umsatz (Geschäftsjahr 2013; 30. Juni 2013). Der operative Gewinn im Fiskaljahr 2013 betrug 26,76 Mrd. US-Dollar. Neben der Firmenzentrale in Unterschleißheim bei München ist die Microsoft Deutschland GmbH bundesweit mit sechs Regionalbüros vertreten und beschäftigt rund 2.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Im Verbund mit rund 36.500 Partnerunternehmen betreut sie Firmen aller Branchen und Größen. Das Advanced Technology Labs Europe (ATLE) in München hat Forschungsschwerpunkte in IT-Sicherheit, Datenschutz, Mobilität, mobile Anwendungen und Web-Services.
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