In unserer Reihe „Zukunft gestalten mit“ stellen wir euch interessante Persönlichkeiten vor, die an unserer Zukunft arbeiten. Dieses Mal sprechen wir mit Bob Blume, Oberstudienrat und Vordenker einer zukunftsgewandten Bildungswelt.
Wer Bob Blume über seinen Youtube-Channel, als Blogger auf der eigenen Webseite oder als Netzlehrer bei Instagram und Twitter kennt, fragt sich, wie er noch die Zeit zum Unterrichten findet. Zumal der 38-Jährige auch noch einen eigenen Podcast einspricht, auf Konferenzen wie der Microsoft Envision Education auftritt und Fachartikel über Bildung in einer digitalisierten Welt schreibt. Hauptberuflich arbeitet Bob aber als Oberstudienrat für Deutsch, Englisch und Geschichte am Windeck-Gymnasium in Bühl.
Umso mehr freuen wir uns, dass wir ihm einige Fragen zur Bildung im Digitalen stellen konnten. Einfache Antworten gibt es von ihm jedoch nicht. Dafür ist das Thema zu komplex. Schon bei der Frage, was deutsche Schulen bei der Digitalisierung gut machen, gibt Bob eine differenzierte Antwort: „Von deutschen Schulen kann man in diesem Zusammenhang gar nicht sprechen“, meint er und zielt damit auf das Gefälle, das es von Bundesland zu Bundesland, von Schulform zu Schulform und mitunter auch von Schule zu Schule gibt. Die Corona-Pandemie, die von vielen als Katalysator der Digitalisierung in Deutschland gesehen wird, hat auch im Bildungswesen für einen Schub gesorgt. Allerdings vor allem bei den Schulen, die schon vor Corona Grundlagen für eine digitale Bildung gelegt hätten, sagt Bob. Diejenigen Schulen, „die sich auf den Weg gemacht haben“, entwickelten das bislang Erreichte weiter und stellten sich die zentralen Fragen: „Wie lässt sich die Digitalisierung eigentlich einbauen und wie wollen wir im 21. Jahrhundert miteinander lernen?“.
Lernen unter den Bedingungen des digitalen Wandels neu definieren
Aber was ist für ihn überhaupt digitale Bildung? „Ich spreche in diesem Zusammenhang eher von einem ‚reflektierten Lernen in einer digitalisierten Welt‘“, stellt Bob klar. Er bezieht sich dabei auf Fachleute wie den Soziologen Armin Nassehi mit seinem Konzept einer digitalen Gesellschaft oder den Schweizer Kultur- und Medienwissenschaftler Felix Stalder, der von einer Kultur der Digitalität spricht. Im Unterschied zu dem, was oftmals digitale Bildung genannt werde, gehe es nicht mehr nur darum, bestehende Inhalte zu digitalisieren, sondern die Digitalität in ihren Bedingungen wahrzunehmen. „Nicht die Inhalte bleiben gleich und werden digitalisiert, sondern die Inhalte, die Träger des Wissens, auch das Wissen selbst verändern sich unter den Bedingungen eines digitalen Wandels“, fasst er zusammen.
Digitale Tools und Inhalte „erweitern den Unterricht thematisch, methodisch und didaktisch: Wir sollten uns fragen, welche Dinge wir mit digitalen Tools machen können, die wir ohne sie nicht tun können. Es geht darum, unsere Möglichkeiten zu erweitern.“ Als Beispiel nennt Bob eine Aufgabe, die er Oberstufen-Schüler*innen gab. „Schreibt einen Blog zu einem Thema, das euch interessiert und sprecht miteinander darüber“, wiederholt er die Aufgabenstellung. Damit hätten sie ein Werkzeug an der Hand, mit dem sie eigene Inhalte produzieren können, die nicht durch Lernziele vorgegeben sind. „Darüber erleben sie eine gewisse Selbstwirksamkeit, über die sie in eine Welt hineinschreiben und nicht nur konsumieren“, erklärt Bob. Für ihn ist das ein Schritt hin zur eigentlichen Aufgabe digitaler Bildung: ein freies Konzept für einen „reflektierten Lernprozess in einer völlig neuen Umgebung“.
Interessant daran ist auch, dass Bildung in der Kultur der Digitalität nicht notwendigerweise komplizierter sein muss, beispielsweise durch lange Aufgaben oder anspruchsvolle Technologien. Es geht vielmehr darum, offene Lernanlässe zu schaffen. Diese sollten die Digitalität und ihre spezifischen Eigenschaften – etwa Referentialität und Gemeinschaftlichkeit – nicht nur zulassen, sondern sogar einfordern.
Begeisterung für die Bildung der Zukunft schaffen wir nur mit einem gemeinsamen Ziel
Eines der Themen, die den Pädagogen aus Bühl umtreiben, ist die Motivation seiner Kolleg*innen für die Digitalisierung. Es sei wichtig, mit der Veränderung nicht alles zu entwerten, was die Fachleute vorher gemacht haben. „Begeisterung kann nur entstehen, wenn Lehrer*innen die digitale Didaktik als Möglichkeitsform für das eigene Handeln ansehen“, sagt er. Wissensaufbereitung, Systematisierung und Didaktik des Unterrichts – das alles sind Veränderungen, die nach vorne weisen. Aber nicht in Abgrenzung zur Vergangenheit, sondern, um gemeinsam einen Bildungsbegriff für das 21. Jahrhundert zu entwickeln. „Miteinander lernen und lehren im 21. Jahrhundert – wenn das bedeutet, dass wir weniger starre Unterrichtsstrukturen haben möchten, dann brauchen wir mehr kollaborative und kommunikative Lernformen. Und ein Lernen, das sich aufgeklärt, aber kritisch mit der digitalen Gesellschaft auseinandersetzt. Wir sollten uns dieser Welt gemeinsam annähern.“
Ein Beitrag von Pina Meisel
Communications Manager Digital Qualification & Innovation