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Kein Dach ohne Fundament und Mauern, keine künstliche Intelligenz ohne Cloud und Digitalisierung

DRSie ist nicht greifbar und doch in unserem Alltag bereits allgegenwärtig. Wer Internetsuchanfragen, Navigation per GPS, Online-Übersetzungstools und Co. verwendet, nutzt sie oft ohne es zu wissen. Künstliche Intelligenz (KI) ist präsent in nahezu allen Bereichen unseres Lebens und ihre unzähligen Einsatzmöglichkeiten sind noch lange nicht ausgeschöpft. Es ist daher wenig überraschend, dass die Auswirkungen von KI auf die Wirtschaft enorm sein werden. Laut einer PwC Studie wird KI das weltweite BIP bis 2030 um 15,7 Billionen US Dollar steigern. Von Wachstum und Wohlstand werden besonders die digitalen Vorreiter profitieren: China und Nordamerika, in Europa v.a. die nordischen Länder. Aber was ist mit Österreich?

Digitalisierungs-Nachzügler riskieren Milliarden
Diese Frage lässt sich am besten mit einem Zitat des KI-Pioniers Alan Turing beantworten: „Wir können nur eine kurze Distanz in die Zukunft blicken, aber dort können wir eine Menge sehen, was getan werden muss“. In Österreich steckt der Einsatz von KI-Technologien noch in den Kinderschuhen. Was die Erfahrungen und das Wissen zu KI angeht, hängen uns andere europäische Länder bald ab. Eine aktuelle Studie von EY und Microsoft, die demnächst veröffentlicht wird, zeigt, dass der „KI-Reifegrad“ österreichischer Unternehmen unterhalb des europäischen Durchschnitts liegt. Rund 14 Prozent der befragten österreichischen Unternehmen denken derzeit nicht einmal über den Einsatz von KI-Technologien nach, im europäischen Durchschnitt sind es 7 Prozent. Warum? Weil es in Österreich an der Basis fehlt: die digitale Transformation ist noch nicht weit genug, wie eine aktuelle OECD Studie wieder bestätigt hat. Hierzulande passt man sich zwar der globalen digitalen Revolution an, ist aber langsamer als die meisten fortgeschrittenen OECD-Länder, die längst erkannt haben, dass Innovation, Schnelligkeit, Flexibilität oder Sicherheit nur mit einer Cloud-Lösung geht. Gründe dafür gibt es einige. Laut einer Umfrage sieht z.B. jeder dritte Befragte immer noch keine Notwendigkeit, in die Digitalisierung zu investieren. Es geht uns wirtschaftlich (noch) zu gut. Was die Cloud-Nutzung angeht, liegt Österreich nur im letzten Drittel der 28 EU-Staaten, so eine Eurostat Studie. Aber ohne Cloud, keine Innovation durch Digitalisierung. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen haben Nachholbedarf.

Durch den zögerlichen Umgang mit Digitalisierungsthemen lässt Österreich die Chance auf Milliarden von Euro verstreichen. Daher mein dringender Appell an Österreichs Unternehmen, aber auch an die Politik: jetzt den Wandel gestalten, statt sich gestalten zu lassen!

Wer wagt, gewinnt
Digitalisierung und der Einsatz künstlicher Intelligenz sind kein Kinderspiel. Sie erfordern, v.a. zu Beginn, umfangreiche Ressourcen: Focus, Geld, geeignetes Personal. Es braucht Ausdauer zu experimentieren, Fehler zu machen, zu lernen, geeignete neue Geschäftsmodelle und -prozesse zu entwickeln und zu etablieren. Und es braucht Mut – um gewohnte Wege zu verlassen und Ressourcen für Dinge einzusetzen, die nicht hundertprozentig planbar sind. Viele Unternehmen haben noch Probleme damit, Digitalisierung im Alltag umzusetzen. Intelligente Technik und Lösungsansätze gibt es frei von der Stange, Sie brauchen nicht neu entwickelt werden. Es mangelt an einer klaren Unternehmensstrategie, an Investitionen und Vertrauen in die Cloud. Um wirklich etwas in Gang zu setzen, muss Digitalisierung Chefsache werden – viel zu oft noch geht sie von der IT-Abteilung aus. Die Führungskräfte müssen jetzt aufwachen und die Chancen der Digitalisierung für sich nutzen, bevor sie vom immer größer werdenden internationalen Wettbewerb überholt werden.

Künstliche Intelligenz kann mehr als Kosten senken
Was Führungskräfte auch realisieren müssen ist, dass KI mehr ist als ein Mittel zur Kosteneinsparung. Statt neue Geschäftsmodelle und Innovationen zu entwickeln und die Wertschöpfung zu steigern, liegt der Fokus hierzulande v.a. auf Kosteneinsparung und Effizienzsteigerung. Machine Learning ist die in Österreich am meisten genutzte KI-Technologie, weil Unternehmen sich hier v.a. eine Prozessoptimierung erwarten, wie unsere Studie zeigt. Dabei haben Digitalisierung und KI so viel mehr zu bieten, wie z.B. die Chance, Kunden mit einem besseren Angebot zu begeistern und langfristig zu binden.

Unternehmen müssen anfangen, wirklich digital zu denken und gewohnte Bahnen zu verlassen. Das ist ein kultureller Wandel im Unternehmen. Denn Innovation und Digitalisierung sind eng miteinander verknüpft und Garant für Wachstum und Arbeitsplätze. Österreich muss in der Digitalisierung Fahrt aufnehmen, wenn wir auch künftig attraktiver Wirtschaftsstandort sein wollen. Ich sehe hier die Verantwortung v.a. auch bei der Regierung. Sie muss dazu beitragen, Digitalisierung für alle zu ermöglichen und Einstiegsbarrieren abzubauen. Sie muss die Rahmenbedingungen schaffen, Wertschöpfungsgewinne zu ermöglichen und -verluste zu vermeiden.

Die Politik im Zugzwang
Erklärtes Ziel der Regierung ist es, uns an die Spitze der Digitalisierungs-Nationen zu führen. Dazu hat die erste österreichische Digitalisierungsagentur (DIA) im Sommer ihre Arbeit aufgenommen, die als zentraler Ansprechpartner für alle Digitalisierungsfragen dienen soll – eine sinnvolle Ergänzung zu Initiativen aus der Privatwirtschaft, wie z.B. unserem Microsoft KMU Accelerator, der sog. Future Box. Mit dem Roboter-Rat reagiert die Bundesregierung auch auf Ängste und Bedenken der Bevölkerung, was die rasanten Entwicklungen im Bereich Robotik und künstlicher Intelligenz angeht. Nötig wäre auch eine Stärkung der anwendungsorientierten KI-Forschung und eine bessere Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft, um Unternehmen bei Fragen der Wertschöpfungssteigerung zu unterstützen.

Ein, meiner Meinung nach, wesentlicher Bereich kam bislang auch viel zu kurz: der Bildungsbereich. Österreich fehlt es an digitalen Skills, z.B. in agiler Softwareentwicklung. Es fehlt an Fachkräften, die die Transformation vorantreiben und umsetzen können, die verstehen, warum die Cloud so wichtig ist und wie sich digitale Technologien innovativ nutzen lassen. Künstliche Intelligenz kann bedeuten, Anwendungen zu bauen oder sie als Anwender zu nutzen/zu trainieren. Bei den 3500 Microsoft Partnern fehlen heute Fachkräfte, die die vollen Auftragsbücher abarbeiten. Ein echter Wachstumsblocker. Wenn wir die digitale Welt aktiv mitgestalten wollen, brauchen wir das entsprechende Verständnis und Wissen. Digitale Experten bekommt man aber nicht von heute auf morgen – der Erwerb der entsprechenden Fähigkeiten dauert seine Zeit und erfordert viel Investition in Bildung. Ich begrüße daher sehr die jüngste Entscheidung der Regierung, im Rahmen der Digitalisierungsoffensive im Bildungsbereich das Schulwesen zukunftsfit zu machen. In meinen Augen ein wichtiger Meilenstein, der längst überfällig war.

Fazit: KI braucht Digitalisierung
Wenn Fundament und Mauern fehlen, können wir noch nicht anfangen, das Dach zu bauen. Bevor wir also in Österreich weiter über künstliche Intelligenz reden, müssen wir weiterhin die Digitalisierung thematisieren. Unternehmen müssen in der Cloud-Nutzung aufholen, digitale Technologien einsetzen, anfangen, „digital zu denken“ und echte Innovationen treiben, statt sich an Veränderungen anzupassen. KI und Digitalisierung sind Lernprozesse, die Zeit und Investitionen brauchen. Das Lernen neuer Fähigkeiten wird spielentscheidend sein.