Fit für die Zukunft: Erfolgsfaktoren in der Automobilindustrie

Microsoft Manufacturing Trends 2020

Der Volkswagen-CEO Herbert Diess hat es auf den Punkt gebracht: „Die Zeit der traditionellen Automobilhersteller ist vorbei“, sagte er im Januar und betonte die Notwendigkeit einer „radikalen Überholung“. Denn die Automobilbranche erlebt gerade eine Zeitenwende. Die Menschen wollen zwar weiterhin mobil sein, doch ihr Verhältnis zum Auto hat sich verändert. Für die Fortbewegung der Zukunft wird Software die entscheidende Rolle spielen.

Welche Wege müssen die Hersteller also gehen, um sich neu zu erfinden und weiter relevant zu sein? Darüber sprach ich in unserer Webcast-Serie „Microsoft Innovation-Talk“ mit einem führenden Experten, Prof. Dr. Stefan Bratzel. Der Leiter des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach vermittelte interessante Erkenntnisse über die Auswirkungen der Corona-Krise, die Digitalisierung sowie über die wichtigsten Trends und Erfolgsfaktoren in der Automobilindustrie. Die Aufzeichnung des gesamten Gesprächs gibt es nach einer kostenfreien Registrierung hier als Video zu sehen.

Stefan Bratzel
Stefan Bratzel und Stefan André Raschke (v.l.) im Gespräch.

Revolutionärer Umbruch: Das Auto ist tot, es lebe das Auto!

Stefan Bratzel sieht die Automobilindustrie in einer revolutionären Umbruchsphase. Jetzt werden Paradigmen aufgebrochen, die über 100 Jahre die Branche geprägt hatten. Doch dieser Wandel kommt nicht plötzlich, er zeichnet sich seit einigen Jahren ab, sagt der Experte. Die deutsche Automobilproduktion sei bereits von 2017 bis 2019 um 17 Prozent zurückgegangen, und jetzt kommt auch noch die Corona-Krise dazu. Von Januar bis Oktober wurden 30 Prozent weniger Autos in Deutschland produziert als im Vergleichszeitraum des Vorjahres, zeigen die Zahlen des Verbandes der Automobilindustrie (VDA). Dennoch gehen Fachleute wie Stefan Bratzel davon aus, dass Mobilität ein wichtiges Zukunftsthema ist und die Zahl der transportierten Menschen noch deutlich zunehmen wird.

Paradigmenwechsel: Neue Regeln für Autohersteller

Doch die Bedürfnisse dieser Menschen ändern sich. Deswegen verlieren wichtige Grundregeln ihre Gültigkeit, die bisher als sicher galten:

  • Vor allem junge Menschen in Städten haben nur noch eine geringe Affinität zum Auto, erklärt Stefan Bratzel. Sie sind aufgeschlossen für neue Mobilitätsformen und Anbieter und wollen nicht mehr zwingend ein eigenes Fahrzeug besitzen.
  • Das „manuelle Fahren“ mit der Hand am Lenkrad wird in Zukunft eine überholte Vorstellung sein. Dafür sorgt die Entwicklung autonomer Autos. Gesteuert wird dann nur noch zum Spaß.
  • Außerdem werden Autos bald keinen Verbrennungsmotor mehr brauchen. Der Sound der Beschleunigung und die Vibration des Motors sind für viele Autobesitzer zwar noch wichtig für ihr Fahrerlebnis. Doch nötig sind sie nicht mehr, wenn Mobilität auch nachhaltig sein soll.

Technologie-Unternehmen: Neue Wettbewerber drängen in den Markt

Aber nicht nur diese Paradigmenwechsel machen den traditionellen Autobauern zu schaffen. Es kommt dazu, dass vor allem solche Unternehmen von den neuen Entwicklungen profitieren, die gar nicht aus der Branche kommen, sondern aus dem Technologiesektor. Dazu gehören beispielsweise Ride-Sharing-Anbieter oder Taxi-Portale. Sie demonstrieren, dass Mobilität nicht vom Besitz eines Autos abhängt.

Software im Auto

Auch die großen Plattformanbieter spielen eine wichtige Rolle im Markt. Sie ermöglichen die Vernetzung, sorgen für Software und Service im Auto oder fungieren als Datenmarktplatz für Dritte. Marktkapitalisierung und Gewinnmargen solcher Anbieter sind oft um ein Vielfaches höher als bei den traditionsreichen Automobilherstellern, dieser Einfluss ist nicht zu unterschätzen. Die neuen Wettbewerber müssen auch keine Rücksicht auf traditionelle Geschäftsmodelle und Ökosysteme nehmen, deshalb können sie oft flexibler reagieren und innovativer sein. Weitere Wettbewerbsveränderungen gibt es außerdem bei den Zulieferern, die sich durch den Wechsel vom Verbrenner auf Elektromotoren neu orientieren müssen.

Neue Marktbedingungen: Faktoren für einen langfristigen Erfolg

Wie können sich die Automobilhersteller unter diesen Bedingungen neu positionieren und weiterentwickeln? In unserem Gespräch nannte Stefan Bratzel zwei zentrale Erfolgsfaktoren: digitale Kompetenzen und Kooperationen.Wer erfolgreich sein will in diesem neuen Universum, muss sich mit digitalen Kompetenzen auseinandersetzen und die richtigen Kooperationen eingehen“, erklärt er. Für ihn sind Elektromobilität, autonomes Fahren, Konnektivität und Mobilitätsdienstleistungen die Zukunftsfelder der Automobilbranche.

Die genannten Erfolgsfaktoren packt Bratzel in seine „KoKoKO-Methode“: Die Branche braucht Kompetenzen und Kooperationen, muss aber auch Veränderungen in ihrer internen Kultur sowie ihren Organisationsstrukturen bedenken, fordert der Professor. Vor allem fehlende Software-Kompetenzen machen Kooperationen mit neuen Partnern nötig, um weiter am Markt bestehen zu können.

Ich finde es dabei sehr spannend, dass Stefan Bratzel auch die Notwendigkeit eines Kulturwandel anspricht, weil das nach meiner Erfahrung oft unterschätzt wird. Die kulturellen Anstrengungen sind um einiges höher einzuordnen als die technologischen Herausforderungen, zeigten beispielsweise unsere Diskussionen beim Microsoft Envision Forum Automotive im Oktober. Außerdem finde ich, dass manchmal nur schwer erkennbar ist, welcher Wandel in der Unternehmenskultur überhaupt nötig ist. Positive Eigenschaften, wie Höchstanforderungen an die Qualität, können manchmal auch lähmend wirken, wenn sie die Entwicklung von neuen Lösungen verlangsamen.

Partner Microsoft: Gemeinsam für die Automobilbranche der Zukunft

Microsoft ist ein aktiver Teil dieser Entwicklungsprozesse für die neue Mobilität des 21. Jahrhunderts: als Partner der Industrie, der die Branche bei ihrem Wandel unterstützt. Wir helfen unseren Kunden und Partnern, die Autos der Zukunft zu entwickeln, und arbeiten dafür beispielsweise mit Volkswagen (Automotive Cloud) oder BMW (Open Manufacturing Platform) und anderen Firmen zusammen.

Dabei ist es wichtig, dass Microsoft kein Wettbewerber ist, sondern die Unternehmen durch seine intelligenten Cloud-Angebote und Produktivitätswerkzeuge befähigt, mehr zu erreichen. Wir werden keine Autos produzieren oder Mobilitätsdienstleistungen entwickeln. Außerdem sorgen wir dafür, dass die Daten aus den modernen Fahrzeugen unter der Kontrolle ihrer Eigentümer bleiben. Sie werden nicht für unsere eigenes Geschäft genutzt. „Wir leben in der Phase eines leisen Urknalls, der die Welt neu ordnet“, fasste Stefan Bratzel die aktuellen Branchenentwicklungen bei unserem Gespräch zusammen. Dem kann ich nur zustimmen. Die „radikale Überholung“ hat schon längst begonnen.

Wenn Sie Interesse an weiteren Einblicken in diese spannende Phase der Automobil- und Fertigungsindustrie zu bekommen, lade ich Sie herzlich zu unserer kostenlosen Webcast-Serie „Microsoft Innovation-Talk für die Fertigungsbranche und die Automobilindustrie“ ein!


Ein Beitrag von Stefan André Raschke
Direktor Vertrieb und Industrie Automotive

Stefan André Raschke, Director Automotive, Microsoft Deutschland

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