828 Meter, höher geht es nicht. Die Rede ist vom höchsten Gebäude der Welt, dem Burj Khalifa. Die HOCHTIEF-Tochter Turner hat wesentlich zum Gelingen des Mega-Projekts beigetragen und ein Verfahren entwickelt, um Beton zirka 585 Meter senkrecht in die Höhe zu pumpen, ohne dass er auf dem Weg nach oben erstarrt.
Nicht ganz so hoch, aber ebenfalls komplex ist die Baustelle, die HOCHTIEF gemeinsam mit BAM Deutschland für das Bundesgesundheitsministerium in Berlin renoviert: Insgesamt 68.000 Quadratmeter Fläche, verteilt auf zwei denkmalgeschützte Gebäude.
Natürlich sind nicht alle HOCHTIEF-Projekte von einem solchen Ausmaß. Dennoch erfordern auch übersichtlichere Bauprojekte eine einwandfreie Dokumentation sämtlicher während der Bauzeit festgestellter Mängel – sowie eine fehlerfreie Behebung der Probleme. Vorschriften regeln, wie die Dokumentation auszusehen hat.
HOCHTIEF verwendet dafür spezielle Software rund um das Bauprojekt, mit deren Hilfe Bauleiterinnen und Bauleiter die Mängel festhalten können. Die Nutzung dieser Spezialsysteme ist in den Baustellenalltag nicht immer reibungslos zu integrieren: Anwender sind häufig in Bewegung oder haben die Hände nicht frei. Eingabemasken sind oft nicht intuitiv und erfordern Vorwissen. Alles Gründe, warum Informationen in der Praxis verloren gehen. Die Datenerfassung und das damit verbundene Wissensmanagement sollte anwenderfreundlicher gestaltet werden.
Wissensmanagement mit KI und Cloud
Um eine fehlerträchtige, doppelte Datenhaltung zu vermeiden, musste eine Plattform geschaffen werden, die sich an das vorhandene IT-System koppeln lässt. Denn nur so konnte sichergestellt werden, dass alle zur Mängeldokumentation vorgeschriebenen Angaben erfasst werden.
Diesem Thema nahm sich das Team um Maximilian Brand, Head of Digital Transformation bei HOCHTIEF PPPS Solutions, an. Gemeinsam mit einem erfahrenen Praktiker, der die Anforderungen einer Baustelle aus dem Arbeitsalltag kennt, konzipierte das Team einen virtuellen Assistenten, der sich per Spracheingabe steuern lässt und die Anwender anleitet.
Einen Telefonanruf können die Bauleiterinnen und Bauleiter sowohl von der Baustelle selbst aus tätigen, als auch direkt im Anschluss an die Besichtigung vom Auto aus, auf dem Weg zum nächsten Einsatzort oder auf dem Fußweg zurück von einem Außeneinsatz – kurz: von überall. Der virtuelle Assistent kann verschiedene Informationen aus einzelnen Sätzen abgreifen und ablegen, erkennt zudem den Kontext und stellt gezielt weitere Fragen. Den Hintergrund erledigt ein Zusammenspiel aus Services in Microsoft Azure: Auf Azure Cognitive Services fußt die Sprachverarbeitung, das Bot Framework stellt den Rahmen für die Aktionen des virtuellen Assistenten und SharePoint Online übernimmt die Mittlerrolle zum vorhandenen Spezialsystem.
Auftritt: der virtuelle Assistent
Grundlage für das Verstehen natürlicher Sprache sind die Azure-Funktionen Speech Service und LUIS (Language Understanding Intelligent Service) im Zusammenspiel mit von HOCHTIEF definierten „Intents“, also von den Anrufern angestrebte Ziele. Das LUIS-Modell weist die gestellten Fragen dann einem Intent zu und der virtuelle Assistent sucht per API in der von HOCHTIEF gepflegten Datenbank mit den vorgefertigten Antworten.
„Die Technologie von Microsoft Azure basiert auf offenen Standards. Mit der Unterstützung von Microsoft Services konnten wir in meinem Team in kurzer Zeit das erforderliche Know-how aufbauen und den virtuellen Assistenten jetzt selbst weiterentwickeln“, sagt Maximilian Brand.
Nach nur sechs Monaten war die erste Version des virtuellen Assistenten bereit für den Praxiseinsatz – laut Brand ein erfreulich kurzer Zeitraum. Die Rückmeldungen der ersten Testanwender zeigen: Sowohl die Kommunikation per Chat über eine endgeräteunabhängige Web-App, als auch der Sprachdialog mit dem virtuellen Assistenten klappen selbst mit Hintergrundgeräuschen einwandfrei. Auch Fachbegriffe und Syntax versteht der Assistent problemlos.
Sind alle notwendigen Angaben strukturiert erfasst, lässt sich zur Mängelbeseitigung auch gleich ein technischer Spezialist hinzuziehen. Der virtuelle Assistent fragt hierzu die Verfügbarkeiten der einzelnen Kolleginnen und Kollegen ab und macht entsprechende Vorschläge. Die Bestellung eventuell nötiger Ersatzteile kann der Baustellenverantwortliche ebenfalls mithilfe des Assistenten auslösen. Die Software erzeugt automatisch einen Eintrag im jeweiligen IT-System und ordnet diesem alle erfassten Informationen zu.
Die Daten im Griff
Bauleiterinnen und Bauleiter profitieren davon, dass die Software eine Art strukturiertes Interview mit den Anwendern führt und sicherstellt, dass keine der nötigen Angaben unter den Tisch fallen. „Mit unserem virtuellen Assistenten strukturieren wir den großen Schatz der unstrukturierten Daten in der realen Welt“, sagt Brand.
Die Skalierbarkeit der Cloud sorgt dafür, dass der virtuelle Assistent beliebig wachsen kann. Laut Maximilian Brand sei es denkbar, den Assistenten in allen weltweit verteilten HOCHTIEF-Niederlassungen einzusetzen – was die Nutzerzahl immens steigern würde. Die Spracherkennung und LUIS unterstützen eine große Anzahl von Sprachen und können durch das Zwischenschalten der Microsoft Translator API bis zu 60 Sprachen beherrschen.
Welche Funktionen als nächstes integriert werden, legen die Testanwender mit dem Team um Brand im Rahmen eines Workshops fest. Damit der virtuelle Assistent auch weiterhin maximal praxistauglich bleibt und künftig vielleicht bei dem Turmbauprojekt mithilft, das den Burj Khalifa vom Spitzenplatz verdrängt.
Zur vollständigen Kundenreferenz geht es hier.
Ein Beitrag von Johanna Ronsdorf
Trainee Business Communications AI & Innovation / Data Applications & Infrastructure