Nachgefragt bei Sirko Pelzl, CEO bei apoQlar

Sirko Pelzl ist seit 2017 CEO und CTO der apoQlar GmbH, einem globalen Vorreiter für bildgebende Verfahren in der Medizintechnik. Das Unternehmen beschäftigt sich mit Mixed und Augmented Reality, kontinuierlichem maschinellen Lernen und Datenauswertung durch künstliche Intelligenz. apoQlars VSI HoloMedicine® ist eine medizinisch zertifizierte Software. Sie nutzt die Microsoft HoloLens-Hardware, um medizinische Bilder, den klinischen Workflow und die Ausbildung von Mediziner*innen in eine interaktive 3D-Umgebung zu übertragen. Wir haben mit Sirko Pelzl über das Potenzial von Mixed-Reality-Technologie in der Medizin gesprochen.

Sirko, warum kann gerade die Gesundheitsbranche von Mixed-Reality-Technologie beziehungsweise Holo-Medizin profitieren?

Sirko Pelzl: Eine erhöhte Digitalität rückt Patient*innen wieder stärker in den Mittelpunkt. Das hand- und berührungsfreie Arbeiten ermöglicht es zum Beispiel, dass sich medizinisches Personal nicht mehr von den Patient*innen abwenden muss, um relevante Informationen zu überprüfen. Befunde aus dem CT, SPECT/CT und MRT, via Ultraschall, Mikroskop oder Endoskop lassen sich erstmals nicht nur in 3D begutachten, sondern auch mit Spezialist*innen und Kolleg*innen orts- und zeitunabhängig teilen und analysieren. Dieses Form der Zusammenarbeit erhöht die Sicherheit der Patient*innen und kommt ihrer Versorgung zugute.

Mit eurer Anwendung VSI HoloMedicine® unterstützt ihr auch die Ausbildung von medizinischem Personal. Inwiefern fördert speziell Mixed-Reality-Technologie den Lernprozess?

Sirko Pelzl: Durch holografische Anwendungen entsteht eine moderne und vor allem eine erfahrungsbasierte Lernumgebung, die über das hinausgeht, was Lehrbücher allein vermitteln. Die Auszubildenden bekommen auf diesem Wege die Möglichkeit, mit realen medizinischen Bildern, Fällen und Vorlesungen in einer volumetrischen 3D-Mixed-Reality-Umgebung zu lernen. Das vereinfacht das Verständnis für Anatomie, Gewebe und Strukturen des menschlichen Körpers und verbessert die Herangehensweise an komplizierte Verfahren, Prozeduren und Eingriffe. Operationen lassen sich auch live in den Vorlesungssaal streamen – ganz egal, wo sich dieser befindet. Die Studierenden können die Hand- und Kopfbewegungen von operierenden Ärzt*innen dabei anhand eines 3D-Avatar-Hologramms nachvollziehen.

Mixed Reality lässt sich mit unterschiedlichen Endgeräten erleben. Wieso habt ihr euch bei eurer Anwendung VSI HoloMedicine® gerade für Microsoft HoloLens 2 entschieden? Was ist der besondere Vorteil beim Einsatz von Microsoft HoloLens 2?

Sirko Pelzl: Microsoft HoloLens 2 ist technologisch am weitesten fortgeschritten und erfüllt unsere Anforderungen am besten. Mit Hilfe von HoloLens 2 sorgt VSI HoloMedicine® für ein besseres Verständnis in der Medizin und für greifbarere Erfahrungen wie zum Beispiel in der Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten oder in der OP-Planung. Dadurch, dass Ärzt*innen bei der Verwendung nicht auf ein stationäres Gerät angewiesen sind, haben sie die Hände frei und können viel flexibler und natürlicher arbeiten oder auch lernen.

Eure Kunden sind hauptsächlich medizinische Einrichtungen. Wie verläuft der Prozess der Lösungsintegration und wie lange dauerte es von der Beauftragung bis zum aktiven Einsatz?

Sirko Pelzl: Das ist unterschiedlich. Es kommt auf das Land an, in dem sich das Krankenhaus befindet, das die VSI HoloMedicine® einführt. In Deutschland gibt es im Vergleich zu anderen Ländern eher mehr Regularien. Daher kann die Einführung hierzulande ein Jahr dauern, während sie woanders nur wenige Wochen braucht. Wir bekommen neuerdings regelmäßig mit, dass sich Patient*innen bewusst für Ärzt*innen oder Krankenhäuser entscheiden, in denen VSI HoloMedicine® im Einsatz ist. Grundsätzlich stehen die meisten Ärzt*innen der HoloMedicine sehr offen gegenüber und freuen sich über die Arbeitserleichterung. Da die Bedienung sehr intuitiv erfolgt, ist die Eingewöhnungsphase bis zum aktiven Einsatz in der Regel sehr kurz.

Eure Lösung deckt alle Stationen der medizinischen Behandlung ab, von der Diagnose bis hin zur postoperativen Besprechung mit Patient*innen. Wie vereint eure Lösung alle diese unterschiedlichen Bereiche?

Sirko Pelzl: Nun, VSI HoloMedicine® ist eine ganze Plattform, die unterschiedliche Prozesse im klinischen Alltag vereint. Da alles aus einer Hand – beziehungsweise in diesem Fall aus einer Anwendung – stammt, werden die Abläufe erleichtert und das medizinische Personal dadurch entlastet. Den Beschäftigten bleibt so wieder mehr Zeit für die Patient*innen. Mit der VSI HoloMedicine® lassen sich also nicht nur die Arbeitsbedingungen im Gesundheitssystem deutlich verbessern, sondern gleichzeitig auch die Qualität der Versorgung.

Mit eurer Shared-Experience-Funktionalität ermöglicht ihr es den Ärzt*innen, sich untereinander zu vernetzen und Informationen direkt zu teilen, unabhängig von ihrem Standort. Welche Vorteile ergeben sich dadurch für Krankenhäuser oder Praxen?

Sirko Pelzl: Weltweit stehen wir vor der Frage, wie wir künftig die medizinische Versorgung flächendeckend organisieren und gestalten wollen. Die Shared-Experience-Funktionalität spielt bei der Lösung dieser Herausforderung eine wichtige Rolle. Langfristig wird sich aber nicht nur die Patient*innenversorgung mithilfe der Mixed-Reality-Technologie revolutionieren, sondern auch die Art und Weise, wie wir über Distanz zusammenarbeiten werden. Chirurg*innen aus demselben Krankenhaus können sich via VSI HoloMedicine® ebenso austauschen wie mit anderen Ärzt*innen, die sich an völlig unterschiedlichen Orten auf der Welt befinden. Man kann es sich so vorstellen, dass ein Arzt aus Singapur gemeinsam mit einer Ärztin aus München eine OP-Planung oder Tumorboard durchführt. Beide stehen nebeneinander im virtuellen Raum und können gemeinsam am CT planen und miteinander sprechen.

Segmentierte STL-Objekte oder reale DICOM-Bilder können in 3D-Hologramme transformiert und dann aus jeglicher Perspektive betrachtet werden. Das erleichtert die Planung von Operationen. Auch Prothesen, Implantate oder andere Geräte lassen sich dadurch schneller und einfacher anpassen. Bislang kommt VSI in über 60 Krankenhäusern zum Einsatz, unter anderem in den Vereinigten Staaten, Singapur oder bei uns in Deutschland. Die Anzahl der durchgeführten Operationsplanungen steigt stetig und reicht von der Kardiologie über die Neurologie bis hin zur Zahntechnik.

Vielen Dank für das Gespräch, Sirko!

In unserer Pressemappe finden Sie weitere Anwendungsbeispiele sowie alle Informationen zum Einsatz von Mixed-Reality-Technologie und Microsoft HoloLens 2 in der Arbeitswelt.


Ein Beitrag von Pina Meisel
Communications Manager Digital Qualification & Innovation

Pina Meisel als Portrait-Bild

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