Urbane Mobilität: Für alle das passende Angebot

Panoramablick auf Berlin

Was kommt Ihnen in den Sinn, wenn Sie an deutsche Großstädte denken? Falls Sie nicht in Fahrradstädten wie Münster oder Freiburg wohnen, dann prägen vor allem Autos das Straßenbild. Doch dieser Eindruck täuscht darüber hinweg, dass wir oft ganz unterschiedliche Mobilitätsbedürfnisse haben, die sogar mehrmals am Tag wechseln können. Ob es nun die Fahrt mit dem Auto, der Arbeitsweg mit der U-Bahn oder der Einkauf mit dem Fahrrad ist: Wir brauchen ein breites Spektrum an Mobilitätsangeboten. Dafür benötigen wir kreative Konzepte, die den Menschen in den Mittelpunkt stellen.

Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass vor allem Flexibilität wichtig ist. Die Abstandsregeln ließen sich anfangs kaum einhalten, als die meisten Menschen weiter ins Büro fuhren, aber die Verkehrsbetriebe ihre Fahrpläne ausdünnten. Der Verkehr verlegte sich deshalb auf die Straße, aber eine Sache war dieses Mal anders: Im April 2020 nutzten vier Mal so viele Menschen wie vor der Pandemie das Fahrrad. Es war zeitweise das wichtigste Verkehrsmittel in Deutschland, aber dennoch ist der Pkw nicht wegzudenken. Über 80 Prozent der Deutschen wollen nicht auf ein eigenes Auto verzichten, meldet der deutsche Verband der Automobilindustrie. Deshalb brauchen wir ein mehrdimensionales und vielfältiges Mobilitätsangebot, das uns vor dem Verkehrsinfarkt bewahrt. Dafür müssen wir uns fragen: Ist die Mobilität in unseren Städten noch zeitgemäß? Wie gut sind wir auf solche dynamischen Entwicklungen vorbereitet? Und welche Alternativen gibt es?

Europäische Städte suchen nach neuen Konzepten

Es werden bereits einige interessante Konzepte erprobt. In Paris plant die Bürgermeisterin Anne Hildalgo 650 Kilometer neue Radwege. Durch ihr Konzept „Paris in 15 Minuten“ sollen bis 2024 alle wichtigen Anlaufstellen für die Einwohner*innen in 15 Minuten erreichbar sein. In Madrid ist die Innenstadt für Autos mit Verbrennungsmotor gesperrt und in Berlin und Hamburg laufen ähnliche Experimente. Immer mehr Städte richten außerdem Pop-up-Radwege ein, indem sie Auto-Fahrspuren umwidmen. Ein Kommentar in der ZEIT sprach bereits von einer „Neuverteilung der Innenstädte“. Diese Entwicklungen zeigen die gestiegene Nachfrage nach einer viel individuelleren urbanen Mobilität. Sie stoßen wichtige Diskussionen darüber an, wie der Verkehr von morgen aussehen soll. Ich denke dabei an Konzepte, die auch das Auto umfassen und die vielfältigsten Bedürfnisse berücksichtigen, indem sie unterschiedliche Anforderungen aufeinander abstimmen.

Cover vom Industry Innovators Podcast.

Neue Mobilitätsangebote: Vorhandene Infrastrukturen geschickt ergänzen

Dafür lohnt sich der Blick nach Asien. Deshalb war ich mit Sascha Pallenberg, Digitalexperte und ehemals Head Digital Transformation bei Daimler, in der neunten Folge des #IndustryInnovators Podcast von Microsoft Deutschland zu Gast. Sascha wohnt in Taipeh und zeigte mit sehr interessanten Beispielen, was wir von den Verkehrskonzepten der Hauptstadt Taiwans lernen können. „Die Städte in Asien sind eher bereit, sich offener zu positionieren“, sagte er beispielsweise bei unserem Gespräch. „Sie sind offener für neue Services und Technologien.“ Von dieser Aufgeschlossenheit könnten wir auch in Deutschland profitieren. Dabei ist wichtig, was Sascha sagte: Neue Mobilitätsformen sollten vorhandene Infrastrukturen vor allem ergänzen. Die richtige Kombination von Verkehrsmitteln ist entscheidend, wozu auch die geschickte Integration von Auto und Individualverkehr gehören.

„Seamless Experience“ für individuelle Bedürfnisse

Ein gutes Beispiel ist die Entwicklung einer „Seamless Experience“ (nahtloses Erlebnis), die Sascha mit seinen Eindrücken aus Taipeh beschrieb. Dort konzentriert man sich nicht auf einzelne Verkehrsmittel, sondern betrachtet das Gesamtbild, um individuelle Ansprüche zu berücksichtigen. „Wenn ich hier in Taipeh mit der U-Bahn fahre und eine Prepaid-Karte nutze, ist es sofort 25 Prozent günstiger“, berichtete Sascha. „Habe ich zuvor noch den Bus genutzt, wird es 40 Prozent günstiger.“ Durch die geschickte Kombination verschiedener Verkehrsmittel, zum Beispiel der U-Bahn mit einem Leihfahrrad für die letzte Meile, versuche man Schnittmengen und Anreize zu schaffen. Für diese „Seamless Experience“ komme es aber auch stark auf die Bezahlsysteme und die Bedienung der Apps an. Dabei ist vor allem eine Sache wichtig, finde ich: Sie müssen einfach zu bedienen sein.

Persönliche Mobilität definiert sich über den Wohnort

Mobilität ist nicht uniform. Selbst wenn Millionen von Menschen auf der Straße und im öffentlichen Nahverkehr unterwegs sind, haben sie doch alle ihre eigenen Bedürfnisse. Das führte Sascha zu einem interessanten Ausblick: „Die Mobilität der Zukunft definiert sich nicht darüber, was ich fahre, sondern wo ich wohne und welche Infrastrukturen vorhanden sind.“ Diese Entwicklung sehe ich auch in meinem eigenen Umfeld. Da gibt es Personen, die grundsätzlich nur Fahrrad fahren, und andere nutzen ihr Auto, weil sie große Strecken zurücklegen müssen und noch keine anderen attraktiven Angebote nutzen können. Gleichzeitig gibt es weiter dieses emotionale Verhältnis zum eigenen Pkw, das durch Corona noch gestärkt wurde.

Mobilität der Zukunft: flexibler und diverser

Eine Sache können wir auf jeden Fall aus den aktuellen Entwicklungen lernen: Es lohnt sich, die Einführung neuer innovativer Technologien zu beschleunigen. Wir befinden uns in einem revolutionären Umbruch der Automobilindustrie und des Transportwesens. In dieser spannenden Zeit werden die Weichen für Elektromobilität, neue Dienste im voll vernetzten Auto und für das autonome Fahren gestellt. Die Corona-Pandemie zeigt aber noch einmal deutlich, dass wir die individuellen Mobilitätsinteressen der Menschen in den Mittelpunkt stellen müssen. Die Vielfalt ihrer Bedürfnisse wird sich wahrscheinlich weiter ausdifferenzieren durch die neuen Arbeitsformen, die jetzt erprobt werden. Um dem gerecht zu werden, braucht es einen cleveren Mix verschiedenster Mobilitätsformen und Services. Oder wie Sascha es im Podcast sagte: „Die Mobilität, die wir in Zukunft sehen werden, wird viel flexibler und diverser sein“.

Sie sind neugierig geworden? Dann lade ich Sie herzlich ein, in unseren #IndustryInnovators Podcast mit weiteren spannenden Gästen zu hören! Die Folge mit Sascha Pallenberg und mir finden Sie hier.


Ein Beitrag von Stefan André Raschke
Direktor Vertrieb und Industrie Automotive

Stefan André Raschke, Director Automotive, Microsoft Deutschland

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