Microsoft erklärt: Was sind Digital Twins?

Ob für eine Smart Factory, im Krankenhaus oder in der Stadtentwicklung: Mit einem Digital Twin, also einem Digitalen Zwilling, lassen sich Prozesse optimieren, Fehler frühzeitig erkennen, Ausfallzeiten minimieren oder Kosten senken. Wie funktioniert die Technologie, die eine Brücke zwischen realer und digitaler Welt schlägt? Welche Vorteile bietet sie? Und wo kommt sie heute schon zum Einsatz?

Ein Digitaler Zwilling ist das virtuelle Abbild eines Objekts oder Systems aus der realen Welt. Neben einzelnen Gegenständen und Produkten lassen sich damit auch Prozesse, Dienstleistungen sowie ganze Anlagen oder Fabriken in der digitalen Welt abbilden und mit Hilfe von Technologien wie HoloLens auch visualisieren. Digitale Zwillinge bilden damit die Basis für die harmonische Zusammenarbeit zwischen intelligenter Cloud und intelligentem Edge im Industrial Metaverse.

Digitale Zwillinge kommen in immer mehr Bereichen zum Einsatz, etwa um verschiedene Szenarien zu simulieren oder Leistungszustände vorherzusagen. Unternehmen können dadurch Kosten senken, die eigenen Prozesse effizienter machen oder Probleme vermeiden, bevor diese überhaupt in der realen Welt auftreten.

Woher stammt das Konzept?

Die Idee des „Digitalen Zwillings“ ist keineswegs neu. Sie geht zurück auf den Amerikaner Mike Grieves, der den Begriff bereits vor über zwanzig Jahren in den Bereichen der Fertigung und des Product-Lifecycle-Managements prägte. Doch erst in den letzten fünf Jahren hat sich der Digitale Zwilling zu einem oft nachgefragten Technologietrend entwickelt. Technologische Durchbrüche und Weiterentwicklungen rund um das Internet der Dinge (IoT) und andere Industrie-Technologien haben mittlerweile die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass immer mehr Unternehmen über den Einsatz eines Digitalen Zwillings nachdenken oder diesen sogar schon verwenden.

Wo kommt die Technologie zum Einsatz?

Die Einsatzmöglichkeiten von Digitalen Zwillingen sind vielfältig und reichen von der industriellen Fertigung und Produktentwicklung über das Gesundheitswesen und die Landwirtschaft bis hin zur smarten Stadtentwicklung.

Der Orthopädie-Technik-Spezialist Ottobock perfektioniert beispielsweise seine High-Tech-Prothesen mit Intelligenz aus der Cloud. Ottobock digitalisiert dafür den Prozess der Versorgung und ermöglicht Orthopädie-Techniker*innen eine softwarebasierte Modellierung des Schaftes auf Basis des Scans des Stumpfes. Daraus entsteht ein Digitaler Zwilling, welcher für die nachfolgende Versorgung mit einer Prothese oder Orthese genutzt wird. Dafür setzt das Unternehmen auf Microsoft Azure.

Mit Güngör Kara, dem ehemaligen Chief Digital Officer von Ottobock, haben wir auch über den Einsatz solcher innovativen Lösungen gesprochen. Den Beitrag findet ihr hier.

Egal ob Operationssäle, Fabriken, Energieversorgungsnetze oder Eisenbahnstrecken: Mit einem Digitalen Zwilling lassen sich prinzipiell alle relevanten Informationen und Eigenschaften eines Objekts oder Systems über den gesamten Lebenszyklus hinweg spiegeln.

Auch im Zusammenspiel mit weiteren digitalen Technologien und Anwendungen schafft der Digitale Zwilling völlig neue Möglichkeiten für Unternehmen. Mithilfe von Microsoft Dynamics 365 Remote Assist und Microsoft HoloLens 2 können Techniker*innen beispielsweise Maschinen aus der Ferne warten, ohne physisch anwesend sein zu müssen. So lassen sich nicht nur Probleme deutlich kurzfristiger beheben und lange Anfahrten vermeiden, auch die Mensch-Maschinen-Zusammenarbeit wird auf ein völlig neues Level gehoben.

Bosch setzt dabei beispielsweise auf ein solches Zusammenspiel. Mit seiner Lösung werden rotierende Maschinen digitalisiert und können ihren eigenen Wartungsbedarf melden und so bei maximaler Effizienz und geringeren Kosten laufen. Wartungen können also zum richtigen Zeitpunkt durchgeführt werden. Sollte die Unterstützung von Expert*innen gefragt sein, die an einem anderen Standort sitzen, können diese via Microsoft HoloLens 2 und Remote Assist virtuell hinzugezogen werden.

Wie funktioniert ein Digitaler Zwilling und welche Vorteile bietet er?

Eine entscheidende Rolle spielt der Austausch von Daten und Informationen in zwei Richtungen: Ändert sich ein Parameter in der echten Welt, so spiegelt der Digitale Zwilling diese Änderung in der digitalen Welt eins zu eins wider. Um diese präzise Spiegelung zu ermöglichen, erfassen Objektsensoren alle relevanten Daten, mit denen der Digitale Zwilling dann in Echtzeit versorgt wird und sich entsprechend anpasst.

Umgekehrt ermöglichen herbeigeführte Veränderungen am Digitalen Zwilling Vorhersagen und Aufschlüsse über Funktions- und Verhaltensweisen in der realen Welt, beispielsweise wie sich gewisse Komponenten unter bestimmten Bedingungen verhalten oder wo sie am besten hingehören.

Der Digitale Zwilling dient also weit mehr als nur dem reinen Austausch von Daten. Er bietet sich für jede Art von Simulation an, kann dieselben Algorithmen und sogar die identischen Services seiner realen Pendants umfassen. Kurz: Ein Digitaler Zwilling steht seinem realen Gegenstück in nichts nach – und bietet viele Vorteile für die Anwender*innen.

Der Digitale Zwilling in der Industrie – ein echter Game-Changer

Insbesondere für die Industrie spielt der Digitale Zwilling eine bedeutende Rolle. Denn die Technologie kann Unternehmen dabei helfen, Entwicklungs- und Fertigungsprozesse intelligenter, effizienter und nachhaltiger zu gestalten. So ist es beispielsweise möglich, die Auswirkungen bestimmter Veränderungen auf die Performance eines Produkts oder Prozesses zu simulieren und so bereits in einer frühen Phase die besten Entscheidungen treffen zu können.

WITTENSTEIN hat mit XITASO einen standardisierten Digitalen Zwilling entwickelt, der sich weltweit in Produktionsanlagen interoperabel einbinden lässt und das Beschaffen von Informationen in der Fertigung massiv vereinfacht. Für ihre Anwendung Asset Administration Shell haben sie dafür in der Kategorie „Scale!“ den Microsoft Intelligent Manufacturing Award 2021 gewonnen.

Ein Digitaler Zwilling kann Unternehmen außerdem dabei unterstützen, die Kosten von Reparaturen und Wartungen zu reduzieren, indem er Ingenieur*innen befähigt, mögliche Probleme frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden. Auch das Risiko von Ausfällen und Unfällen kann mithilfe eines Digitalen Zwillings minimiert werden, indem er Betriebs- und Leistungszustände in Echtzeit überwacht und Alarm auslöst, wenn Anomalien auftreten.

Digitale Zwillinge bei Microsoft

Die Beispiele zeigen: Zusammen mit seinen Partnern setzt Microsoft die Digital-Twins-Technologie bereits heute erfolgreich in der Industrie und anderen Bereichen um. Mit Azure Digital Twins bieten wir einen Platform-as-a-Service an, der die Erstellung von Zwillingsgraphen auf der Grundlage von digitalen Modellen ganzer Umgebungen ermöglicht. Dabei handelt es sich um eine IoT-Plattform, mit der unsere Kund*innen eine digitale Darstellung von realen Dingen, Orten, Geschäftsprozessen und Personen erstellen können. Die gewonnenen Erkenntnisse helfen dabei, bessere Produkte zu entwickeln, Vorgänge und Kosten zu optimieren und neuartige Kundenerfahrungen zu schaffen.

Weitere Beiträge in der „Microsoft erklärt“-Reihe:


Ein Beitrag von Rebecca Nothvogel
Trainee Commercial Communications Innovation

und Bosse Kubach
Commercial Communications Manager Innovation

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