Zum Hauptinhalt springen

Erhöhte Lebensqualität für KrebspatientInnen: Wie ein Forscherteam der MedUni Wien mit AI und Microsoft Azure wertvolle Zeit bei der Diagnose spart

Neueste Erkenntnisse eines Forscherteams der Medizinischen Universität Wien – kurz „MedUni Wien“ – zeigen, dass bei der Nutzung künstlicher Intelligenz (AI) die Fortschritte in der Charakterisierung von Tumorzellen weit hinter anderen Fachgebieten zurückbleiben. Während zum Beispiel die radiologische Forschung enorm von den Methoden des maschinellen Lernens bei CT- und MRT-Technologien profitiere, stütze sich die Tumorforschung weiterhin auf veraltete Verfahren und sorge somit für langwierige, schmerzhafte Behandlungen, so die Experten. In Microsoft hat die Universität einen starken Partner sowie eine effiziente Plattform gefunden, um ihre Vision einer korrekten Tumorklassifizierung voranzutreiben – und zwar möglichst ohne die Entnahme von Gewebe durch Biopsien.

Die Medizinische Universität Wien (MedUni Wien) gehört zu den besten ihres Fachbereichs und genießt aufgrund der exzellenten Forschung, Bildung und Patientenversorgung internationales Renommee. Die Publikationen der dort beschäftigten ForscherInnen gelten als wegweisend in der einschlägigen weltweiten Fachliteratur und verleihen der Einrichtung eine wahre Vordenkerrolle. Eines der dort tätigen Forscherteams – eine Zusammenarbeit des Zentrums für Medizinische Physik und Biomedizinische Technik, vertreten durch den Medizinphysiker Professor Thomas Beyer und den Doktoranden Laszlo Papp sowie der Klinischen Abteilung für Nuklearmedizin, vertreten durch den Leiter Professor Marcus Hacker – hat an der Entwicklung neuer Ansätze für die Tumorklassifizierung gearbeitet.

„Krebs ist die zweithäufigste Todesursache weltweit“, erklärt Papp. „Im Prinzip wollen wir Prognosemodelle entwickeln, die auf hybrider, anato-metabolischer Bildgebung basieren und ohne eine Entnahme von Gewebeproben auskommen – denn Biopsien sind weder angenehm noch sonderlich präzise. Durch hybride Bildgebungsverfahren, insbesondere mithilfe von PET/CT-Scannern (Positronen-Emissions-Tomographie/Computertomographie), können wir uns hingegen einen Überblick vom Tumor in 3D-Ansicht verschaffen. Hieraus ziehen wir wesentliche Informationen über die biologischen Eigenschaften von Tumoren.“

Beyer, Hacker und Papp haben sich für eine Zusammenarbeit mit Microsoft entschieden, da sich das Unternehmen besonders für das Zukunftspotenzial des Projekts begeistern konnte.

Microsoft war ganz Ohr, als wir unsere Ideen und Erfordernisse zur Durchführung des Projekts schilderten. Sie glaubten an unsere Vision und waren sich ihrer Bedeutung sofort bewusst. – Laszlo Papp, Doktorand, Forscher am Zentrum für Medizinische Physik & Biomedizinische Technik sowie in der Abteilung für Nuklearmedizin, Medizinische Universität Wien

Ungeahnte Qualität der Tumoranalyse durch Nutzung von AI und Microsoft Azure

Die onkologische Routinediagnostik erfolgt üblicherweise durch eine invasive Biopsie. Hierbei spielt auch die bildgebende Diagnostik eine Rolle, um Läsionen zu erkennen, visuell auszuwerten und die Gewebeentnahme korrekt durchzuführen. Da jedoch jede Krebsart einzigartig ist, handelt es sich hierbei um ein komplexes, laborintensives und nicht immer vollkommen akkurates Verfahren. Bei so vielen Hindernissen für eine effektive Tumoranalyse muss sich etwas an der Herangehensweise verändern.

„Derzeit sind nur etwa 50% aller Krebsbehandlungen weltweit erfolgreich“, so Papp. „Generell ist die Behandlung mit bis zu 100.000 Euro pro Jahr und Patienten äußerst kostspielig.“

Mithilfe von Microsoft Azure IaaS (Infrastructure-as-a-Service) sowie Microsoft Azure Cognitive Services kann das Team jetzt auf künstliche Intelligenz bei den genutzten hybriden Bildgebungsverfahren zurückgreifen, um Tumore noch besser als jemals zuvor zu verstehen. „Aktuell arbeiten wir an mehreren Projekten, die sich auf die Ergebnisse unserer Forschungszusammenarbeit mit Microsoft stützen. Insbesondere konzentrieren wir uns dabei auf Tumorzellen, die unter anderem im Rahmen von Gebärmutterhals-, Prostata- oder Brustkrebs entstehen. Die so gewonnenen Erkenntnisse und Ergebnisse sind ungemein faszinierend“, bekräftigt Hacker.

Die Forschung verzeichnet immer rasantere Fortschritte, wird zunehmend genauer und erfordert immer weniger Zeit. Nicht zuletzt werden Forschungsergebnisse so direkt zur Verbesserung der Behandlung von PatientInnen genutzt.

Prognosemodelle sparen wertvolle Lebenszeit

Mit den aktuellen Standardverfahren liegt das Ergebnis einer Biopsie erst nach bis zu zwei Wochen vor – das ist wertvolle Zeit, in der schnell wachsende Tumore erheblichen Schaden verursachen können. Zudem durchlaufen die PatientInnen einen schrecklich zähen Warteprozess. Beyer, Hacker und Papp sind jedoch davon überzeugt, dass MedizinerInnen derart aggressiven Tumoren durch Prognosemodelle einen Schritt voraus sein können. Dabei ist eine potenzielle Beschleunigung der Diagnostik nicht der einzige Vorteil von Prognosemodellen für PatientInnen. Die so gesparte Zeit kann im wahrsten Sinne ein Leben verändern.

Papp erklärt: „Stellen Sie sich vor, Ihr Arzt oder Ihre Ärztin entdeckt eine möglicherweise kanzeröse Läsion bei Ihnen. Sie werden ins Krankenhaus überwiesen und dort einer hybriden bildgebenden Diagnostik unterzogen. Anstatt sich daraufhin jedoch einer schmerzhaften, ungenauen Biopsie auszusetzen, gefolgt von einem langwierigen Entscheidungsprozess hinsichtlich Ihrer Therapie, kann die künstliche Intelligenz eine detaillierte Analyse Ihrer CT-Bilder erstellen – und zwar direkt mit Abschluss des bildgebenden Verfahrens. Das Ergebnis wird nahezu unmittelbar an Ihren behandelnden Arzt oder Ihre behandelnde Ärztin übermittelt, woraufhin schnellstmöglich ein auf Sie abgestimmter Therapieplan entwickelt werden kann.“

Die mit solchen AI-gestützten Verfahren verbundene Präzision, Anwenderfreundlichkeit und stressfreie Behandlung ermöglichen ein deutlich verbessertes Therapieerlebnis für PatientInnen anstelle eines langwierigen und schmerzhaften Prozesses. „Krebserkrankungen sind für jeden eine beängstigende Vorstellung. Daher wirken sich jegliche Verbesserungen der Diagnostik erheblich auf die mentale und physische Gesundheit von Betroffenen aus“, so Beyer. Alle drei Experten bekräftigen, dass ihr Konzept für eine optimierte Diagnostik die Behandlung für PatientInnen deutlich angenehmer gestalten und langfristig erhebliche Kostensenkungen mit sich bringen dürfte.

Mehr Rechenkapazität für eine nahtlose Datenauswertung

Dem Forscherteam wurde schnell bewusst, dass die Erhebung der erforderlichen „extremen Datenmenge“ eine enorme Herausforderung darstellen würde. Diese Daten sind jedoch notwendig, um computergestützte Prognosemodelle darauf zu trainieren, Muster bei der hybriden Bildgebung effektiv zu antizipieren.

„Für einen derart anspruchsvollen Rechenprozess sind normalerweise unzählige CPUs, GPUs sowie hunderttausende CPU-Kerne erforderlich – all dies ist an einer Universität einfach nicht vorhanden“, hebt Papp hervor. Darüber hinaus handelt es sich bei der Azure-Plattform um eine sehr vielfältig einsetzbare Cloudlösung, die enorme Datenmengen speichern kann. Mit herkömmlichen Inhouse-IT-Systemen ist dies bisher nicht möglich. Die Entwicklung der nötigen Infrastruktur sowie der Kapazitäten zur Datenverarbeitung könnte im Rahmen des Projekts noch weitere Veränderungen mit sich bringen.

Veränderungen in der Medizin verändern Leben

Durch die Zusammenarbeit mit Microsoft können Beyer, Hacker und Papp die komplexen Dimensionen der Tumorklassifizierung weiter ergründen und so den Weg von der Diagnose bis zur Behandlung für PatientInnen weltweit erheblich verkürzen.

Ihre Vision einer Welt, in der AI und MedizinerInnen gemeinsam neue Wege bei der Behandlung von PatientInnen einschlagen, könnte das gesamte Gesundheitswesen grundlegend verändern. Die Forscher betonen: „Wir glauben, dass das Zusammenspiel aus AI und hybrider Bildgebung in der Krebstherapie die Überlebenschancen und schlussendlich auch die Lebensqualität unserer Patientinnen maßgeblich steigern wird.“

Krebserkrankungen sind für jeden eine beängstigende Vorstellung. Daher wirken sich jegliche Verbesserungen der Diagnostik erheblich auf die mentale und physische Gesundheit von Betroffenen aus. – Professor Thomas Beyer: Medizinphysiker, Forscher am Zentrum für Medizinische Physik & Biomedizinische Technik sowie in der Abteilung für Nuklearmedizin, Medizinische Universität Wien