Netzwerke aufbauen, Lösungen entwickeln und ein wenig Bastelei – das zeichnet die Arbeit von Annika Wickert bei der Microsoft-Tochterfirma GitHub aus. Doch Annika nutzt ihre Fähigkeiten nicht nur bei der weltweit größten Entwicklungsplattform, um Menschen weltweit miteinander zu verbinden.
Stein für Stein steckt Annika Wickert aufeinander. Der eine Stein verbindet sich mit dem anderen, bis ein Modell entsteht. Das Bauen mit LEGO hilft ihr auch heute noch beim Abschalten – durchaus im wörtlichen Sinne. Kein Computer. Kein Bildschirm. Keine Technologie. In der Arbeit mit den Bausteinen steckt ein Leitmotiv aus Annikas Arbeits- und Alltagswelt: Um Neues zu schaffen, muss Bestehendes neu miteinander verbunden werden.
Vom Gaming zum Network Engineering
Annika suchte schon in ihrer Jugend nach Wegen, Vorhandenes in etwas Nützliches zu verwandeln. Das führte sie schließlich in die Technologie-Welt. „Mein Computer-Interesse hat ein Spiel geweckt, bei dem ich nicht weiterkam. Dann habe ich geschaut: Wie wird so ein Spiel eigentlich gemacht?“, erinnert sie sich. „Ich habe dann den Programmcode angesehen und wild Zahlen geändert, damit das vielleicht etwas auslöst. Damit habe ich meine ersten Programmiererfahrungen gesammelt.“
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Es sollten nicht die letzten bleiben. Sie macht eine Ausbildung im IT-Bereich als Fach-Informatikerin für System-Administration, kommt dabei bereits mit Netzwerk-Technik in Verbindung und arbeitet viel mit Linux. Später ist sie sieben Jahre bei einer Gaming-Firma. Die Pflege und Steuerung von Netzwerken spielen in dieser Zeit eine immer größere Rolle. Sie wechselt zu einem Unternehmen für Online-Broadcasting. „Eines Tages schrieb mich eine Recruiterin von GitHub per LinkedIn an“, erzählt sie. Die Aufgabe und noch mehr die Möglichkeiten reizen sie. „Ich wollte immer schon mal komplett remote arbeiten und wollte auch in ein internationales Team. Andere Kulturen, andere Denkweisen – ich finde das super inspirierend und spannend.“ Die Geschichte nimmt ihren Lauf. Annika sagt zu – und wechselt aus einer Welt, die von Linux geprägt war, zu einer Firma von Microsoft. Das Bestehende verbindet sie neu.
Software-Entwicklung für ein weltweites Netzwerk
Offiziell trägt sie den Titel des Senior Network Engineer. „Der Titel ist für den Job, den ich mittlerweile mache, eigentlich falsch“, gibt sie zu. Die meisten ihrer Kolleginnen und Kollegen seien daher inzwischen Senior Software Engineers. Das treffe es schon eher. Annika und ihr Team entwickeln unter anderem Lösungen für die Automatisierung des Netzwerks, damit es auch ohne manuelle Eingriffe optimal läuft. Oftmals spiele die Entwicklung von Python-Anwendungen eine größere Rolle als das klassische Network Engineering, das sich oft vor allem in der Planung von Netzwerken erschöpft. Zugleich spielt das Netzwerk-Design auch weiterhin eine große Rolle für Annika und ihr Team.
„Am meisten Spaß habe ich beim Aufbau von neuen Rechenzentren“, sagt sie. Da kommen ihre Leidenschaften zusammen: die Freude, etwas Neues aufzubauen und Verbindungen zu schaffen. „Wie können wir unsere Kundinnen und Kunden weltweit erreichen?“, sei die entscheidende Frage. Zugleich ergeben sich aus der globalen Struktur von GitHub eine Vielzahl von Herausforderungen, auf die man Antworten finden muss. „Indien ist weit weg von Europa und Deutschland ist wiederum weit entfernt von Amerika“, beschreibt Annika die rein geografische Herausforderung. Sie geht auch immer wieder mit kulturellen, sprachlichen und anderen Herausforderungen einher. GitHub schaffe es trotz der Distanz, „dass die Menschen die Website schnell bedienen können. Das finde ich eine super Herausforderung.“
Vernetzung – im Job, für den Job, durch den Job
Linux und Microsoft? Für Annika hat sich das nie ausgeschlossen. Kein Wunder: Schließlich folgt sie auch hier der Idee, neue Verbindungen zu schaffen. „Microsoft hat einen sehr guten Weg hingelegt in Richtung mehr Open Source und mehr Förderung von Open-Source-Projekten. Ich fand es sehr spannend, ein Teil davon werden zu können.“ Microsoft hat GitHub 2018 übernommen. Und heute ist Microsoft der aktivste Mitwirkende der weltweiten Open-Source-Szene sowie fester Bestandteil des gesamten Open-Source-Ökosystems. In ihrem Arbeitsalltag bei GitHub spürt Annika den Einfluss von Microsoft vor allem durch die Möglichkeiten, die sie als Beschäftigte dadurch hat. Beispielsweise beim Nutzen interner Lernressourcen. „Das empfinde ich als sehr positiv.“
Ihr siebenköpfiges Team arbeitet nahezu vollständig aus der Ferne, denn GitHub hatte sich bereits früh der bürolosen Arbeit verschrieben. Schon im Juli 2019, noch vor der Corona-Pandemie, heuerte das Unternehmen Darren Murph als Head of Remote an. Eine hybride Arbeitswelt mit einem Büro, das die Beschäftigten regelmäßig aufsuchen, gibt es bei GitHub in Deutschland überhaupt nicht. „Wir haben in Deutschland gar kein Office“, sagt Annika. „Wir sind schon immer nahezu vollständig remote.“ Ihre Kolleginnen und Kollegen arbeiten vor allem in Europa sowie aus den USA und Australien.
Wenn es in Europa Mittag ist, geht Asien ins Bett und Amerika steht gerade auf. Deshalb sei die Arbeit bei GitHub asynchron verteilt, erklärt Annika. Die Vernetzung ist Teil und Voraussetzung des Jobs. Es fühle sich oft wie eine einzige große Open-Source-Community an. „Am Ende arbeitet man zusammen an diesem großen Projekt, das GitHub ist“, sagt sie. „Das fühlt sich mitunter auch ein wenig seltsam an, weil ich als Netzwerk-Engineer beispielsweise einfach mal einen Schreibfehler auf der github.com-Seite korrigiere.“ An diese Durchlässigkeit und Zusammenarbeit sei in traditionellen Unternehmen nicht zu denken. Was dort ebenfalls kaum vorstellbar ist: In den Sommermonaten erklärte GitHub den Freitag zu einem arbeitsfreien Tag. „Das nimmt Druck raus und verbessert das Arbeitsklima“, sagt Annika. Es war auch eine Reaktion auf das gestiegene Arbeitspensum während der Corona-Pandemie.
Mission: Menschen miteinander verbinden
Nicht nur im Job verbindet Annika Bestehendes miteinander und entwickelt Neues, um Lösungen zu schaffen. Das flexible Arbeiten bei GitHub macht es für sie einfacher, sich ehrenamtlich einzubringen. Seit Jahren engagiert sie sich für die Freifunk-Bewegung, die in immer mehr Städten kostenlose WLAN-Zugänge aufbaut. „Es geht prinzipiell um die Vernetzung von Menschen“, erklärt Annika, die zweite Vorsitzende bei Freifunk München ist, den Gedanken hinter der Initiative. Und diese Vernetzung ist der Schlüssel zu vielem – sie sichert den Zugang zu Bildung und baut Barrieren ab. Freifunk verfolgt mit seinen stadtweiten Datennetzen auch die Mission, Geflüchteten und anderen benachteiligten Bevölkerungsgruppen kostenlose Internetzugänge bereitzustellen. „Ich bin gut in dem Job, den ich mache. Doch ich wollte auch abseits vom Geldverdienen etwas tun, das anderen weiterhilft“, beschreibt Annika ihre Motivation.
Wie das konkret aussieht, zeigte das Frühjahr 2020: Annika befand sich auf dem Weg nach Dänemark zu einer Veranstaltung, als die Pandemie an Fahrt aufnahm. Plötzlich brauchte sie eine Möglichkeit, um Videokonferenzen abzuhalten. Es war die Geburtsstunde der kostenfreien Videokonferenz-Plattform FFMeet. Oft werde schnell etwas gebraucht, bevor Betroffene schauen können, welche Lösung sich dauerhaft lohne, erklärt Annika – und beschreibt damit auch das Verhältnis der Technologie zu professionellen Angeboten wie Microsoft Teams. FFMeet war die schnelle Hilfe – und Annika eine der treibenden Kräfte hinter dem Projekt. Es ist wie mit den LEGO-Steinen: Sie arbeitet an Lösungen, verbindet und baut neu.
Hardware-Spende von GitHub für die Freifunker
In ihrer Rolle als zweite Vorsitzende ist sie auch gesellschaftliche Netzwerkerin. Organisiert Technik, wirbt um Spenden. So auch zuletzt, als GitHub zwei Paletten mit Servern, Switches und Routern als Hardware-Spende für Freifunk München bereitstellte. „Könnt ihr das nicht brauchen?“, war die Anfrage aus dem Unternehmen. Annika und die anderen Freifunk-Leute sagten gleich ja, und jetzt können sie damit alle bisherigen Server und Netzwerkgeräte gegen modernere Hardware austauschen. Der Hintergrund der Spende: Technologie-Unternehmen wie GitHub stocken permanent ihre technischen Ressourcen auf oder erneuern sie, doch gleichzeitig ist die ausgetauschte Technik immer noch einsatzfähig.
Bei Freifunk München dürfte sie noch mindestens fünf Jahre lang den Betrieb des Netzwerks der Community sicherstellen und Projekte für die Vernetzung im Alltag ermöglichen. „Es gibt ein Projekt, an dem wir gerade dran sind“, sagt Annika. „Da geht es um die Versorgung von einem Standort, an dem es kein Internet gibt.“ Dabei liegt dieser Ort in der Nähe von München und dort halten sich regelmäßig viele Studierende auf. Eine Testphase für den Richtfunk in dieser Region laufe bereits. Wenn sie erfolgreich ist, lassen sich auch dort Verbindungen aufbauen – zwischen Menschen. „Ich bin eine Macherin. Wenn mich etwas stört, muss es geändert werden“, gesteht Annika. „Ich kann nicht hinnehmen, dass etwas schlecht funktioniert.“
Bei der ganzen Digitaltechnik in Annikas Leben sei das Analoge als Gegenpol wichtig, erklärt sie. Das macht das Basteln mit LEGO-Bausteinen zu einem so wichtigen Teil ihrer freien Zeit. „Der Computer muss aus dem Blickfeld sein!“, sagt sie eindringlich. Eine Alternative sei das Wandern in den Bergen, denn dann kann sie auch die Netzwerk-Technik vergessen. „Da hat man sowieso keinen Empfang in Deutschland“, scherzt Annika.
In unserer Artikelreihe „Developer Stories“ stellen wir regelmäßig spannende Microsoft-Entwickler*innen und ihre Projekte vor. Die sechste Folge mit Andreas Bode, Principal Software Engineering Manager gibt es hier zu lesen.
Ein Beitrag von Bosse Kubach
Trainee Business Communications Digital Qualification & Innovation / Data Applications & Infrastructure