Die gesellschaftliche Weiterentwicklung ist IT-gestützt und betrifft den Alltag jedes Einzelnen: Von der Online-Koordination freiwilliger Helfer in Überflutungsgebieten über die Erledigung von Behördengängen am Heim-PC bis zur Waschmaschine, die sich selbstständig anschaltet, wenn der Strom am günstigsten ist: die neue Ära stellt den Nutzer in den Mittelpunkt.
Mit der Abschlussveranstaltung unserer Serie „Digitales Deutschland” am 12. Juni wurde ein Bogen über das gesamte Themenspektrum der vorangegangenen Veranstaltungen wie Urheberrecht, Cybersicherheit oder Medienkompetenz gespannt und es wurden Schlussfolgerungen für Wirtschaft, Politik und Gesellschaft formuliert. In der Abschlussdiskussion wurden die vorhergehend diskutierten Chancen und Herausforderungen unter dem Titel „Zukunft im digitalen Deutschland” zusammengeführt, um die Frage zu erörtern: Welchen Themen muss sich die neue Bundesregierung im Herbst stellen?
Stefan Kapferer, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, legte in seiner Keynote den Schwerpunkt auf das positive Potential der IT. Es liege aber noch viel Arbeit vor uns, dieses Potential auch optimal zu nutzen, wie er am Beispiel des Ausbaus der Netzinfrastruktur und der Strategieentwicklung für eine intelligente Netznutzung erläuterte. Von Smart Grid-Energieversorgung über eHealth-Betreuung bis hin zu Online-Bildungsangeboten gebe es hier noch Wachstumspotentiale zu erschließen.
Den Stand der IT in Deutschland bewertet Kapferer prinzipiell positiv. „Wir stehen prinzipiell besser da, als in der Öffentlichkeit diskutiert wird.” In der „Industrie 4.0” sieht er für Deutschland einen großen, wenn momentan auch noch unterschätzten Wettbewerbsvorteil. Die Chance der deutschen klassischen Industrie liegt in einer intelligenten Verbindung mit Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT), um kostengünstiger und schneller produzieren und auf individuelle Kundenansprüche zugeschnittene Produkte und Dienstleistungen anbieten zu können.
Eine Förderung der Start-Up Szene sei ein weiteres Muss, ebenso wie ein gemeinsamer Kraftakt im Bereich Sicherheit und IT. Sicherheit stelle einen wesentlichen Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg der IKTs dar. Daher müsse der Datenschutz vorangetrieben und das Urheberrecht reformiert werden. Prinzipiell zeigt sich Kapferer als Optimist: „Es ist ganz offensichtlich, dass die Chancen größer sind als die Risiken.”
Christian Illek, Vorsitzender der Geschäftsführung von Microsoft Deutschland, zeigte sechs Handlungsfelder für die Digitalisierung auf: Neben der verstärkten Ausbildung von IT-Fachkräften forderte er eine grundsätzliche Stärkung des Bildungssystems. Wirtschaft, Technik und IT müsse in deutschen Lehrplänen ein größerer Stellenwert eingeräumt werden, ebenso bedürfe es mehr Gelder für die Verbesserung der IT-Infrastruktur. Hier sieht Illek auch die deutsche Wirtschaft in der Verantwortung, einen Beitrag zu leisten.
Gleichsam sieht Illek die Stärkung des Gründergeists in Deutschland als gesellschaftliche Gemeinschaftsaufgabe. Entgegen der öffentlichen Wahrnehmung durch den Berlin-Hype gebe es heute jährlich rund 4000 Gründungen weniger im High-Tech-Sektor als noch Mitte der 1990er Jahre. Abhilfe schaffen könne mehr Wagniskapital für Gründungen und innovationsfreundliche Rahmenbedingungen durch Bürokratieabbau. Ein weiteres Handlungsfeld stelle die zu langsam voranschreitende Modernisierung der öffentlichen Verwaltung dar. „Ob Anmeldung, neue Steuerklasse oder Parkausweis: Solche Prozesse digital abzuwickeln, sollte in allen deutschen Gemeinden zum Standard gehören”, so Illek.
Handlungsbedarf bestehe auch in der Förderung des deutschen Mittelstandes durch Bürokratieabbau, eine gezieltere Forschungsförderung sowie eine Reform der Gewerbesteuer. Die Debatte um den Schutz geistigen Eigentums betrifft Nutzer nicht nur im beruflichen, sondern auch im privaten Umfeld. Das traditionelle, im nicht-digitalen Zeitalter gewachsene Urheberrecht stehe vor der Herausforderung, ein Gleichgewicht zwischen den Gewohnheiten der Nutzer und einem funktionierenden Urheberrechtsschutz herzustellen. Als letztes Handlungsfeld nannte Illek die Modernisierung des Datenschutzes. Dieser müsse so angepasst werden, dass er Innovationen ermöglicht statt zu verhindern.
In der anschließenden Diskussion auf dem Podium, aber auch mit reger Beteiligung aus dem Publikum wurden viele Fragen der Veranstaltungsserie aufgegriffen und diskutiert. Dass der Digitalisierung an der einen oder anderen Stelle noch nachgeholfen werden muss, ist in den sieben Diskussionen zum „Digitalen Deutschland” deutlich geworden. Den Austausch von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu diesen IT-Themen werden wir in einer neuen Eventserie fortführen. Sie sind herzlich eingeladen, nach der Sommerpause mitzudiskutieren!
Veröffentlicht von Henrik Tesch
Leiter Politik und gesellschaftliches Engagement, Microsoft Deutschland