Max Senges: Wir müssen heute schon so lernen, wie wir morgen arbeiten wollen

Bereits zum dritten Mal feiern wir am 9. Juni gemeinsam mit der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) das deutschlandweit größte Festival zur Zukunft der Arbeit, die #futurework21. Wir freuen uns, gemeinsam virtuell mit prominenten Beteiligten zu diskutieren, wie ein „Aufbruch 4.0“ für die Arbeitswelt möglich wird und wie dieser aussehen kann – für Beschäftigte und Unternehmen.

Als Gedankenfutter und zur Einstimmung auf die Debatten der #futurework21 werden in den nächsten Wochen einige der Sprecher*innen und Panelist*innen an dieser Stelle ihre Sicht der Dinge darlegen. Wir sind gespannt!

Heute mit Max Senges, CEO und Schulleiter der privaten und gebührenfreien Programmierschule 42 Wolfsburg. Er setzt auf innovative Bildungskonzepte, die selbstbestimmtes Lernen und Handeln ebenso fördern wie Problemlösungskompetenzen und Teamarbeit:

Stellen wir uns vor: Es gibt einen Ort, an dem junge Menschen gemeinsam auf höchstem Niveau Software-Entwicklung lernen. Es gibt weder Seminare noch Vorlesungen aber viele praktische Projekte. Statt Professor*innen unterstützen Mentor*innen aus Startups, Tech-Unternehmen und IT-Abteilungen die Studierenden. Diese bestimmen weitgehend selbst, wann und mit welchen Methoden sie lernen. Vor allem aber lernen sie gemeinsam und voneinander und wachsen in ihren Teams und mit ihren Aufgaben. Jeder Mensch zwischen 18 und 80 Jahren kann sich für die Ausbildung an diesem Ort bewerben, es zählen Talent und Können, nicht formale Vorbildung und ein optimierter Lebenslauf. Der Campus ist bestens ausgestattet und die Ausbildung ist kostenlos. Dieser neue Bildungsort spiegelt heute schon die Arbeitswelt der Zukunft und der Abschluss weist den Weg in ein selbstbestimmtes Arbeitsleben.

Das richtige Mindset, um die digitale Zukunft mitzugestalten

Die im Mai eröffnete Programmierschule 42 Wolfsburg wird ein IT-Bildungsort wie kein anderer in Deutschland werden. Hier werden selbstbestimmtes Lernen, gemeinschaftlicher Spaß, individueller Leistungsanspruch und berufliche Perspektiven zusammenfinden. Wer möchte, kann hier den Code für die Zukunft der Mobilität mitschreiben. Aber natürlich sind die Studierenden auf dem Fahrersitz und entscheiden selbst, wohin sie ihre eigene berufliche Reise führen soll. Bis zu 600 Studierende können sich an der 42 Wolfsburg auf die Arbeit von morgen vorbereiten. Die Ausbildung folgt dem erprobten Konzept der Pariser École 42, das inzwischen von 33 Schulen weltweit umgesetzt wird und schon mehr als zehntausend erfolgreiche Absolvent*innen vorweisen kann. Sie alle sind nicht nur ausgezeichnete Programmierer*innen, sie haben auch das richtige Mindset, um die digitale Zukunft mitzugestalten.

Sicherstellen, dass Software den Menschen nicht auffrisst

Die 42er haben gelernt, selbstbestimmt zu lernen und zu handeln. Sie wissen wie Teamarbeit funktioniert und wie sich gemeinsam komplexe Probleme lösen lassen, wenn vielfältige Talente zusammen wirken. Sie denken unternehmerisch und verstehen, dass jene, die den technischen Wandel gestalten, auch immer eine hohe gesellschaftliche Verantwortung tragen. Denn es ist unser Anspruch, mit den Studierenden von Anfang an die sozialen und ethischen Dimensionen ihrer Arbeit mit Code zu reflektieren. „Software eats the world“ lautet ein Mantra im Silicon Valley. Das stimmt. Doch wie stellen wir sicher, dass Software den Menschen nicht ebenfalls auffrisst, sondern Technologie uns Menschen dabei unterstützt, besser zusammenzuarbeiten, Demokratie zu stärken und Lösungen für die großen Herausforderungen unserer Zeit zu finden?

Möglichst vielen Talenten eine Chance geben

Die 42 Wolfsburg ist eine pädagogische Innovation und zusammen mit ihrer Schwesterschule in Heilbronn eine wertvolle Ergänzung für den Bildungsstandort Deutschland. Digitale Veränderung beschleunigt das Innovationstempo auf allen Ebenen. Unternehmen aller Branchen suchen händeringend nach gut ausgebildeten, intrinsisch motivierten und teamfähigen Software-Entwickler*innen, die digitale Veränderung in Europa vorantreiben. Aber wir haben in Deutschland nicht nur zu wenige Software-Ingenieur*innen, wir haben auch ein Problem mit teilweise starren Bildungsstrukturen und Zugangskriterien zu Bildung, die nicht meritokratisch sind, sondern die Begünstigten begünstigen. Das funktioniert auf Dauer nicht. Damit die Zukunft gelingt, müssen möglichst viele Talente die Chance erhalten, daran mitzuarbeiten.

Algorithmisches Denken fördern

Das bedeutet natürlich nicht, dass jede und jeder coden können muss. Programmieren bleibt auch in der digitalisierten Arbeitswelt ein Job für Spezialist*innen. Notwendig ist aber ein grundlegendes Verständnis dafür, welche Konzepte hinter Computercodes liegen und wie Algorithmen arbeiten. Dieses Verständnis müssen wir ebenso fördern, wie das so genannte algorithmische Denken – also die Fähigkeit, Probleme zu identifizieren, in handhabbare Teilprobleme zu zerlegen und Lösungsstrategien zu entwerfen. Beides macht Menschen zu selbstbestimmten Teilhaber*innen einer digitalen Gesellschaft – und ist wahrscheinlich das beste Gegenmittel gegen gefühlten Kontrollverlust.

Idealerweise würde jede*r heute schon so lernen, wie wir alle morgen arbeiten wollen. Deshalb müssen wir überall in Bildung und Ausbildung neue Konzepte und Lernmethoden integrieren. Darüber, wie das gelingen kann, werden wir bei der #Futurework21 intensiv diskutieren. Ich bin gespannt!

 


Max Senges
CEO und Schulleiter 42 Wolfsburg

Max Senges

 

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