Developer Stories: Scott Hanselman, Lehrer und Motivator für C# und .NET

Porträtbild von Scott Hanselman

Er entspricht so gar nicht dem Klischee des Computer-Nerds: Scott Hanselman studierte Software-Engineering und schrieb selbstverständlich jede Menge Code. Doch wer ihm zuhört, merkt schnell: Eigentlich ist er vielmehr ein Lehrer, was auch früher sein Beruf war. Bis heute sieht Scott seine Hauptaufgabe darin, Begeisterung zu vermitteln und andere erfolgreich zu machen. Und zwar beim Programmieren, denn Scott ist verantwortlich für die Developer-Communitys auf den C#- und .NET-Seiten von Microsoft.

Als Lehrer und Motivator geht es bei Scott vor allem um Kommunikation. Sie soll so effektiv wie möglich sein, denn er möchte möglichst viele Menschen erreichen. Deshalb ist er im Internet auf allen wichtigen Social-Media-Plattformen unterwegs, bei TikTok spricht er beispielsweise zu einer Community von fast einhunderttausend Menschen. Außerdem veröffentlicht er viele spannende Artikel auf seinem Blog und interessante Gespräche auf seinem Podcast-Kanal. Warum ist ihm diese digitale Kommunikation so wichtig? „Wer auf keysleft.com errechnet, wie viele Zeichen man im Leben noch auf Tastaturen tippen wird, misst dem Thema gleich mehr Bedeutung zu“, sagt Scott ernst. Den Code für diese Website, die für alle Besucherinnen und Besucher berechnet, wie viel sie bis ans Lebensende wohl noch tippen werden, programmierte er selbst. Und mit einem Augenzwinkern steht ganz unten auf der Webseite: „Wir haben gerade 64.213 Tastaturanschläge verschwendet, um Ihnen diese Nachricht zu übermitteln. Gern geschehen. Wir werden sterben.“

 

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Doch Scott geht es nicht um das Zeitverschwenden. Im Gegenteil. Er will begeistern für Digitalisierung, Technik, für Software und Lösungen, die Neues schaffen. Deshalb fühlt er sich in seinem Job bei Microsoft so wohl. Als Verantwortlicher für die Webseiten der Programmiersprache C# und der .NET-Programmierwerkzeuge kann er seine Begeisterung per Multimedia weitergeben. Denn Entwicklerinnen und Entwickler finden dort nicht nur Bücher und Dokumentationen, sondern auch Erklärvideos und sogar Live-TV. Die vielen Inhalte produziert Scott natürlich nicht alle allein, sondern mit einem ganzen Team und unterstützt damit auch in seiner beruflichen Rolle andere Developer dabei, neue Fähigkeiten zu erlernen.

System-Thinking: Software-Programmierung braucht mehr als guten Code

Auf seinen beruflichen Kanälen geht es natürlich um Microsoft, auf seinen privaten lädt Scott gern Menschen ein, die Besonderes zu erzählen haben. „Ich kann ihnen über meine Kanäle eine größere Aufmerksamkeit verschaffen“, sagt er und stellt seine Bekanntheit in ihren Dienst. Kommunikation ist für ihn dabei keine Einbahnstraße, denn er lernt dabei sehr gern. „In einem sehr interessanten Gespräch überzeugte mich beispielsweise die Unternehmerin Kishau Rogers, dass wir für gute Software weniger über das Programmieren als vielmehr über Systeme nachdenken müssen“, berichtet Scott. „Wir brauchen System-Thinking.“

Was das bedeutet, veranschaulicht er mittlerweile auch Kindern, die er für die IT begeistern will, mit einem einfachen Beispiel: Er fragt sie einfach, was sie tun müssen, wenn sie morgens einen frischen Toast haben möchten. „Wir kommen dann schnell darauf, dass es nicht nur um Toast und Toaster geht, sondern auch um die Stromversorgung vom Kraftwerk bis zur Steckdose, um das richtige Timing und alles, was dazugehört“, erklärt Scott. Oder ein anderes Beispiel: Eine Uber-Fahrerin, die einfach nur Auto fahren kann, mag durchaus einen guten Job machen. Aber wenn sie auch Automechanikerin ist, die das Auto als System versteht und reparieren kann, wird sie eine bessere Dienstleisterin. Seine Erkenntnis aus dem Gespräch mit Kishau Rogers: „Wir müssen die Zusammenhänge verstehen, wenn wir bessere Software entwickeln wollen.“

 

 Wichtige Gabelpunkte: Im Leben auch mal die Richtung ändern

Seinen Antrieb, beim Begeistern für IT immer besser zu werden, konnten auch die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie nicht bremsen. Die Digitalkommunikation gewann in dieser Zeit zusätzlich an Bedeutung für ihn. Deshalb hat er sie verbessert und sein Büro daheim zu einem Videostudio mit Profi-Videokamera, Spitzenmikrofon und wechselbaren Hintergründen umfunktioniert. Dass er kaum noch reisen konnte, fehlte ihm weniger als gedacht: „Es ist doch absurd, so viele Stunden irgendwohin zu fliegen, um dort genau dasselbe zu präsentieren, das man auch übers Internet – aber viel effizienter und umweltfreundlicher – vorführen könnte“, sagt Scott Hanselman. Der Digitalisierungsschub durch Corona konnte manches Verhältnis von Aufwand und Ertrag zurechtrücken.

Privat bewegen ihn die Pandemie-Gefahren durchaus, auch wenn er keinen akuten Fall in seinem Umfeld hat. Aber zum einen gibt er zu bedenken, dass sehr viele Menschen in vielen Ländern immer noch nicht geimpft werden können. Und zum anderen arbeitet seine Frau als Corona-Krankenpflegerin. Sie hat zwar einen Master in Business Administrations und arbeitete lang als Managerin, aber später hat sie auf eine Ausbildung in der Krankenpflege umgesattelt. Das wäre in Deutschland kaum denkbar. „Ich finde es gut, wenn Menschen im Leben nicht einfach nur geradeaus vorangehen, als ob alles unverrückbar festgelegt wäre“, sagt Scott. „Es muss auch Gabelpunkte geben, an denen man die Richtung ändern kann, damit wir neugierig, begeistert und engagiert bleiben.“

Scotts eigener Weg verlief relativ gerade. Aber er ist ja auch immer noch mit größter Begeisterung bei der Sache, und seine Sache ist weiterhin die IT. Den ersten Kontakt mit einem Computer hatte er 1983 an der Schule in Portland. Der Rechner wurde damals genutzt, um große Spiralbilder zu plotten. Sein Studium in Software-Engineering absolvierte er am Oregon Institute of Technology, wo er später auch Professor war. Das praktische Programmieren lag ihm schon immer näher als die abstrakten Computerwissenschaften, die manchmal fast schon philosophisch sind. Scott hat als Berater und Entwickler in verschiedenen Unternehmen gearbeitet, zuletzt als Chief-Architect beim Software-Dienstleister Corillian, bevor er 2007 zu Microsoft wechselte.

Menschliche Vielfalt: Diversity ist die Basis für gute Software

Als „CEO of Learning to Code“ spricht Scott mit seiner Community auf TikTok.

„Ich hatte nie den Plan, in der Garage meiner Eltern ein Unternehmen zu gründen“, erzählt Scott. Dennoch gibt es einen Programmcode, den er erfolgreich verkaufte und auf den er auch immer noch stolz ist: 1998 entwickelte er das erste Diabetes-Management-System für den PalmPilot, mit dem man die Krankheit auf dem handtellergroßen Personal Digital Assistant (PDA) von Palm dokumentieren und besser behandeln konnte, und verkaufte es einige Jahre später an ein Gesundheitsunternehmen. Scott ist selbst Diabetiker. Wahrscheinlich war seine Software deshalb so gut, weil er persönlich betroffen ist, und weil das System-Thinking ihm leicht fiel in diesem Bereich. Sein Beispiel zeigt, warum menschliche Vielfalt beim Software-Entwickeln so wichtig ist. Diversity ist für Scott kein Modethema, sondern zielorientierte Selbstverständlichkeit: „Software und technische Systeme werden von sehr verschiedenen Menschen genutzt. Diversity macht sie besser und steigert ihre Nützlichkeit“, ist er überzeugt.

Bei Technologiethemen leuchten seine Augen fast wie bei einem kleinen Jungen, der seine wertvollsten Sammelkarten vorzeigt. Während des Interviews kramt Scott ein Apple Newton MessagePad 2000 hervor: einen tragbaren Computer mit der Größe eines Taschenbuchs, der in den Neunzigerjahren auf den Markt kam. Bei Scott steckt er bis heute in der Originalverpackung, so wie echte Fans ihre liebsten Stücke aufheben. „Akku für sechs Wochen!“, staunt er. „Das ist heute noch magisch.“

Im Gespräch mit Scott wird klar: Andere für das Entwickeln von Software zu begeistern, sie wie ein Lehrer in die Lage zu versetzen, ihre eigenen Probleme zu lösen – das ist seine Mission. Dabei gibt er mit einem Augenzwinkern zu: „Lehrer lieben ihren Job, weil es ihnen guttut und Spaß macht, Aufmerksamkeit zu bekommen und Begeisterung weiterzugeben.“ Gute Entwicklerinnen oder Entwickler, ist Scott überzeugt, müssen geduldig und neugierig sein. Und Leidenschaft mitbringen, etwas Neues schaffen zu wollen.

Gespannt schaut Scott in die Zukunft. Künstliche Intelligenz sei vielversprechend, aber „wir brauchen dafür auch unbedingt die passende Ethik“, sagt er. „Ich habe Terminator gesehen und weiß, wo das sonst hinführt.“ Dass die Software-Entwicklung in eine gute Richtung geht, dafür will Scott Hanselman seinen Teil als Lehrer und Motivator beitragen.


Ein Beitrag von Markus Göbel

Senior Communications Manager Data Applications and Infrastructure

Markus Göbel

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