KI gestalten mit: Damir Dobric

Papierbogen zeigt Damir Dobric von daenet

In unserer Reihe „KI gestalten mit“ stellen wir Personen hinter der Technologie und ihre Visionen und Projekte rund um künstliche Intelligenz vor. Damir Dobric ist CEO und Lead Software Architect des Microsoft-Partners daenet GmbH.

Sein täglicher Job bei daenet ist es, kreativ nach Lösungen für maßgeschneiderte Software zu suchen. In der Welt der Forschung versucht er zu verstehen, wie Intelligenz in Computern implementiert werden kann.

Wie bist du das erste Mal mit KI in Berührung gekommen?

Damir: „Das war in meiner Kindheit, als ich den Film ‚A Space Odyssey 2001‘ gesehen habe. Ich war noch zu jung, einige Szenen zu verstehen, aber ich weiß noch ganz genau, dass ich vom Board Computer HAL begeistert war. Es war für mich die erste wahre, unvergessliche Berührung mit KI. Ich hatte damals gezählt, wie viele Jahre es noch bis zum Jahr 2001 wären, bis so ein Computer die Welt erblicken kann.

Irgendwann kam tatsachlich das Odyssey-Jahr 2001. Ich war ein wenig ernüchtert, dass keines der Ereignisse aus dem Film auch nur annährend erreicht wurde und fragte mich, wann das sein würde. Für unser Software-Startup, welches ich 1998 gründete, also kurz vor Odyssey 2001, gestalteten wir ein Logo, das bis heute den Teil einer neuronalen Zelle abbildet. Ich war immer von KI angetan. Leider bin ich immer noch etwas enttäuscht, weil wir bisher noch keine wirkliche KI haben, aber vieles KI nennen.“

Die Entwicklung von KI ist mit großen Erwartungen, aber auch einigen Unsicherheiten verbunden. Woran liegt das und was sind aus deiner Sicht die Chancen?

Damir: „Ich muss offen gestehen, das, was aktuell unter den Sammelbegriff ‚KI‘ fällt, ist bei genauer Betrachtung noch immer keine wahre künstliche Intelligenz. Wir befassen uns heute vielmehr mit Machine Learning und Statistik als mit Intelligenz. Die Möglichkeit, eine Maschine zum Lernen zu bringen, ist faszinierend und sehr praktisch. Das macht aber eine Maschine noch lange nicht intelligent oder lebendig.

Einige Algorithmen wie beispielsweise Neuronale Netzwerke nutzen zwar Eigenschaften, die im Gehirn vorzufinden sind. Eines haben aber alle Machine Learning-Algorithmen gemeinsam: Sie verwenden verschiedene mathematische Verfahren, um ein spezifisches Problem zu lösen.

Damir Dobric bei Vortrag

Das Gebiet, in dem ich forsche, ist unter dem Namen Hierarchical Temporal Memory Cortical Learning Algorithm (HTM-CLA) bekannt. Es ist ein sehr neues Forschungsgebiet, mit dem Ziel, ein Reverse Engineering des Neocortex zu betreiben, der ein Teil der menschlichen Großhirnrinde ist: Inspiriert durch die Funktionsweise des Gehirns, versucht man einen sogenannten ‚Cortical Algorithm‘ zu implementieren, welcher die wirklichen Spuren von Intelligenz nachweisen kann.

Für diesen Algorithmus wird keine herkömmliche Mathematik verwendet, sondern der Algorithmus versucht, den Neocortex so zu modellieren, wie er wirklich funktioniert. Klar, das ist eine Herausforderung, aber eine vielleicht gar nicht so unlösbare Aufgabe. Die ersten Ergebnisse sehen vielversprechend aus.“

Welches Narrativ würdest du dir mit Blick auf KI für die Zukunft (in Deutschland) wünschen?

Damir: „Wie bei jeder neuen Technologie gibt es Ängste. Das liegt in der Natur unserer Spezies. Klar, der Arbeitsmarkt wird sich verändern. Soll deshalb die Weiterentwicklung gestoppt werden? Nein, sicher nicht. Es ist besser, diese Veränderungen positiv zu betrachten.

In der Zukunft werden sicher einige der bestehenden Arbeitsplätze verschwinden, aber mit Hilfe der Technologie auch neue und in der Regel bessere Arbeitsplätze erschaffen. Vor 100 Jahren gab es beispielsweise noch Kutschenfahrer*innen, heute gibt es Autos und Taxifahrer*innen. Der Standort Deutschland rangiert in bestimmten Bereichen wie Automobilindustrie, Maschinenbau oder Chemie an der Weltspitze. Beim Thema Digitalisierung, wo auch KI dazugehört, haben wir leider lange geschlafen.

Irgendwie haben wir durch – aus meiner Sicht unbegründete Ängste – ein Monster von Regelwerken und Gesetzen geschaffen, die in Wirklichkeit eine trügerische Sicherheit bieten und sehr oft ein großes Hindernis für Innovationen darstellen. Wenn wir die Digitalisierung und somit auch die Anwendungsfälle rund um KI erfolgreich meistern wollen, brauchen wir eine Mehrheit der Menschen in der Politik, die das Thema Digitalisierung verstehen und es so empathisch verinnerlichen, wie die Realität einer globalen modernen Welt es fordert.“

Welchen Beitrag kann jede und jeder von uns aus deiner Sicht für die Weiterentwicklung von KI leisten?

Damir: „Der erste Schritt in der Lösung eines Problems fängt immer mit der Erkennung des Problems an. In vielen Unternehmen am Standort Deutschland ist man sich immer noch nicht sicher, ob und wo die Geschäftsszenarien zum Thema Digitalisierung liegen. Die Digitalisierung betrifft nicht nur KI. Sie ist vielmehr ein treibender Faktor in zahlreichen Facetten unserer Gesellschaft. Sie hat einen überwiegend positiven Einfluss auf die Art und Weise, wie wir leben.

Die Veränderungen durch die Digitalisierung beeinflussen unsere Lernweise – das hatte jedoch bisher keinen Einfluss auf unser Schulsystem. Dieses Defizit betrifft glücklicherweise nicht nur Deutschland. Wir sollten akzeptieren, dass die Veränderungen immer schneller werden und, dass wir sie nicht ignorieren können.

Einmal im Wohlstand zu leben, ist keine Garantie für einen ewigen Wohlstand. Es erfordert von uns Menschen, zu lernen und uns an neue Situationen anzupassen. In diesem Zusammenhang ist KI eine von vielen neuen Möglichkeiten, unser Leben schöner und effizienter zu gestalten.“

Du sollst eine Person in drei Sätzen vom Nutzen von KI überzeugen: Wie sähe dein Elevator Pitch aus?

Damir: „Mit KI können Maschinen für Menschen die schweren und gefährlichen Arbeiten erledigen. KI-Lösungen können schon heute teilweise schneller und bessere Diagnosen stellen als Ärzt*innen, ein gutes Beispiel ist die Krebserkennung. Ebenso hilft uns KI, unser Leben schöner und bequemer zu gestalten: Von Stau- und Wetter-Vorhersagen, über die Spracherkennung, bis hin zu passenden Vorschlägen für Produkte, Filme oder Musik.“

Bonus-Frage: Hast du Vorbilder, die dich zum Thema KI inspirieren und von denen du gerne lernst?

Damir: „Mich haben immer Menschen begeistert, die out-of-the-Box denken, ihre Ideen mutig und kreativ umsetzen und nicht nur als passive Beobachter oder Kritiker agieren. Ich war immer der Meinung, dass die sogenannte KI, so wie wir sie heute definieren, nur der erste Schritt ist und möglicherweise nicht in die optimale Richtung geht. Um die wahre Intelligenz zu verstehen oder nachzubauen, müssen wir umdenken. Wir mathematisieren viel zu viel. Das Gehirn kennt Mathematik, weil es intelligent ist, aber es verwendet keine Mathematik, um intelligent zu werden.

Irgendwann hörte ich im Brain Science Podcast ein Interview mit Jeff Howkins, dem Gründer von Palm Computing. Er gründete auch das Redwood Center for Theoretical Neuroscience, um Intelligenz zu erforschen, so wie sie im Gehirn entsteht. Ich forsche genau in diesem Gebiet und teile viele seiner Ideen.“

KI gemeinsam gestalten

Drei Personen auf dem Fahrrad

Für uns steht fest: Wir müssen KI gemeinsam gestalten. Nur dann können wir sicherstellen, dass möglichst alle Menschen von den Chancen profitieren, die damit einhergehen. Dazu gehört ein offener Dialog, den wir im Rahmen unseres Formats #KiTweetUp bei Twitter führen.

Dort tauschen wir uns regelmäßig zu Fragen und Ideen rund um künstliche Intelligenz aus. Wer nichts verpassen möchte, folgt @MicrosoftDE und hält #KiTweetUp im Blick. Wir freuen uns!

Weitere Ressourcen:

 


Ein Beitrag von Pina Meisel
Communications Manager AI & Innovation

Pina Meisel als Portrait-Bild

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