Lasst uns wieder neugierig sein: 6 Tipps für das Lernen im digitalen Zeitalter

RESET. RETHINK. RESTART. – Unter diesem Motto findet diese Woche der Karrierekongress WomenPower im Rahmen der Hannover Messe statt. Viele spannende Sprecher*innen teilen Einblicke in ihre Themen in ganz verschiedenen, digitalen Workshops und Diskussionsrunden. In meiner Keynote spreche ich darüber, wie sich lebenslanges Lernen in den Alltag integrieren lässt – und was Neugier damit zu tun hat.

Wenn wir uns eine Welt vorstellen, in der alle Menschen gleiche Chancen haben – wie weit müssen wir dafür nach vorne schauen? Bildungshintergrund, Alter, Herkunft und andere persönliche Merkmale dürften dann keine Rolle mehr spielen. Frauen wären gleichermaßen in Gremien und Vorstandspositionen vertreten. Sowohl Frauen als auch Männer würden Beschäftigungsmodelle mit flexiblen Arbeitszeiten und -orten selbstverständlich in Anspruch nehmen.

In den vergangenen Jahren hat sich viel verändert – auch in der IT- und Digitalbranche. Dennoch beträgt in Deutschland der Frauenanteil in der IT nur 17 Prozent. Das bedeutet im Durchschnitt: In jedem Büro mit vier Männern sitzt nur eine Frau. Dabei ist besonders die Digitalbranche geprägt von schnellen Veränderungen und Innovationen – nochmals beschleunigt durch die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie. Diese Herausforderung können Unternehmen nur meistern, wenn sie auch Frauen stärker einbinden, vielfältige Kompetenzen integrieren und ihre Strukturen flexibler gestalten. Innovation gelingt nur mit Vielfalt.

Kinder probieren aus, sie erforschen die Welt unvoreingenommen und ohne Angst

Seit vielen Jahren arbeiten wir bei Microsoft daran, weibliche Nachwuchskräfte in technologischen Berufen zu fördern. Das fängt bereits bei den Jüngsten an, indem wir Mädchen für digitale Technologien und MINT-Berufe begeistern möchten. Besonders junge Menschen haben etwas, was für uns alle in unserem beruflichen und persönlichen Leben eine zentrale Fähigkeit ist: Neugier.

Erinnert ihr euch noch an das Gefühl aus eurer Kindheit, die Begeisterung etwas Neues zu entdecken? Kinder probieren aus, sie erforschen die Welt um sich herum. Unvoreingenommen und ohne Angst. Die Stanford-Psychologin Carol Dweck hat das als „Growth Mindset“ beschrieben, es bildet die Basis für unsere Unternehmenskultur bei Microsoft. Gerade in Deutschland beobachte ich häufig eine Scham, etwas nicht zu wissen. Dieses Gefühl sollten wir hinter uns lassen: Es ist wichtig, das innere Kind wiederzuentdecken. Wieder mutig sein, neue Erfahrungen sammeln, ohne Angst zu haben, dass die Karriere mal nicht geradlinig verlaufen könnte.

Denn Neugier ist eine Fähigkeit, die man trainieren kann wie einen Muskel. Aber wie?

1. Hör nicht auf, Fragen zu stellen

Wissen altert durch den rasanten technologischen Wandel schneller – einmal Gelerntes kann morgen schon wieder überholt sein. Es entstehen neue Berufe, die noch vor Kurzem niemand kannte. Deswegen ist nichts wichtiger, als Fragen zu stellen und neues Wissen aufzusaugen. Ein schöner Nebeneffekt: In Smalltalk-Situationen muss man gar nicht so viel selbst reden, sondern kann auch einfach mal zuhören.

2. Erforsche deine Interessen

Jeder Mensch hat einzigartige Erfahrungen gesammelt oder Fähigkeiten gelernt, die auf den ersten Blick so gar nichts mit dem Berufsleben zu tun haben. Doch genau das ist das Potenzial! Wer seine Stärken und Schwächen kennt, kann leichter entscheiden, in welche Richtung es gehen soll. Dazu gehört es, sich selbst zu reflektieren – und was mir persönlich geholfen hat: Menschen aus dem eigenen Umfeld fragen, welche Stärken sie in mir sehen.

3. Fang mit Häppchen an

Du hast ein spannendes neues Thema für dich entdeckt? Super! Aber das bedeutet nicht, dass du alles auf einmal lernen muss. Du könntest mit sogenannten Lern-Nuggets beginnen. TED-Talks, Youtube-Kanäle, Blogs und Foren oder der ganz klassische Infoabend: Alles sehr gute Möglichkeiten, sich inspirieren zu lassen und tiefer in die Themen einzutauchen. Wer ausprobiert, findet ganz nebenbei auch heraus, welche Lernformen am meisten zu ihr oder ihm passen.

4. Finde Vorbilder und Gleichgesinnte

Zusammen ist man weniger allein – vielleicht findest du eine Kolleg*in oder Freund*in, um gemeinsam Neues zu lernen. Auch ein*e Mentor*in kann beim Lernen helfen, anspornen und mit Impulsen einen Weg zeigen. Habt keine Angst, Menschen anzusprechen und sie zu fragen, ob sie euch helfen können. Mentor*innen müssen übrigens auch nicht immer älter sein als ihr selbst. Auch von jüngeren Menschen können wir jede Menge lernen.

5. Sei selbstbewusst bei der Jobsuche

Besonders wir Frauen neigen dazu, uns selbst weniger zuzutrauen – und vielleicht keine Bewerbung zu schreiben für eine Stelle, von der wir glauben, die Anforderungen nicht erfüllen zu können. Ganz ehrlich: Niemand bringt alles mit, was gefordert wird. Ausschreibungen sind eher ein Ideal, das in der Realität so oft nicht existiert. Betrachtet deshalb eure Neugier: Habe ich Lust, mich in die Themen einzuarbeiten, dazuzulernen? Sehe ich das Potenzial bei mir? Das ist am Ende entscheidend, auch wenn natürlich eine Grundlage für die gefragten Fähigkeiten vorhanden sein sollte.

6. Hab keine Angst vor Rückschlägen

Nicht jeder Tag fühlt sich so an, als würden wir mit kindlichen Augen die Welt neu entdecken und Wissen aufsaugen. Das ist ganz normal. Sei nicht zu streng mit dir und akzeptiere, dass auch Rückschlage auf dem persönlichen Lernpfad dazugehören. Es ist ein Prozess, der auch mal einen Umweg nehmen kann.

Lebenslanges Lernen ist die Schlüsselqualifikation der Zukunft. Habt keine Angst vor den Veränderungen da draußen, sondern betrachtet sie als Chance. Wer mit kindlichen Augen, Offenheit und einem Growth Mindset die Welt betrachtet, lernt und hat Spaß dabei. Und mit diesem Mindset müssen wir hoffentlich nicht mehr allzu lange auf eine Welt warten, in der alle Menschen die gleichen Chancen haben. Ich bin jedenfalls sehr neugierig darauf, was dadurch alles möglich wird!


Ein Beitrag von Mohanna Azarmandi
Chief Learning Officer bei Microsoft Deutschland

Mohanna Azarmandi, Microsoft Deutschland

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