Marianne Janik: „Die Zukunft geht weg von Ego-Systems hin zu Eco-Systems“

Ein Gespräch mit Dr. Marianne Janik, Vorsitzende der Geschäftsführung von Microsoft Deutschland zur Digitalisierung der Arbeitswelt mit der Bundesvereinigung Logistik (BVL)

Dieses Interview wurde erstmals auf der Webseite der Bundesvereinigung Logistik (BVL) veröffentlicht – im Vorfeld des Deutschen Logistik-Kongress, wo Marianne Janik am 20. Oktober an der Podiumsdiskussion „Chancen nutzen – adapt to lead“ teilnimmt.

BVL: Frau Dr. Janik, das Motto des Deutschen Logistik-Kongresses lautet dieses Jahr „Chancen nutzen – Adapt to Lead“. Was hat sich bei Microsoft seit Beginn der Pandemie verändert?

Janik: Lockdown und Social Distancing haben auch unsere Zusammenarbeit intern aber auch mit Kunden & Partnern verändert. Bei Microsoft Deutschland gibt es zwar seit vielen Jahren die Vertrauensarbeitszeit und den Vertrauensarbeitsort, aber es ist ein großer Unterschied, ob ich frei entscheide von Zuhause zu arbeiten, ins Büro zu fahren oder durch eine Pandemie dazu gezwungen werde. Wir haben die Chance genutzt mit Hilfe unserer digitalen Plattformen wie Microsoft Teams oder unseren Cloud-Lösungen nicht nur uns, sondern vor allem unsere Kunden & Partner zu unterstützen ihren Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten und ihren Weg aus der Krise zu finden.

Digitalisierung hat viele Unternehmen „widerstandfähiger“ sprich resilienter für die betrieblichen Auswirkungen gemacht. So hat zum Beispiel Hapag Lloyd 14.000 Mitarbeitern in kürzester Zeit über Windows Virtual Desktop das Home Office ermöglicht und die Lufthansa Cargo mit einer neuen Online-Booking-Engine auf Cloud Basis viele Luftfracht-Buchungen automatisieren können.

In der Logistik oder Produktion sorgt die Digitalisierung dafür das Versorgungsketten, die in der Pandemie zusammengebrochen waren, intelligenter und flexibler geworden sind.  Ein erfolgreiches Krisenmanagement braucht heute solch leistungsstarke Cloudbasierte-Infrastrukturen, die es ermöglichen, Geschäftsprozesse flexibel anzupassen, neu zu organisieren und notfalls auch aus der Distanz am Laufen zu halten. Gleichzeitig haben wir viel gelernt über die Ansprüche unterschiedlicher Unternehmen & Branchen und viel Feedback erhalten, was wieder in die Entwicklungen unserer Plattformen & Lösungen einfließt.

Modernize your supply chain with Dynamics 365 Supply Chain Management – YouTube

Hapag-Lloyd: 14.000 Home-Office-Arbeitsplätze durch Windows Virtual Desktop | News Center Microsoft

 

BVL: Eine Krise birgt immer auch Chancen – gab es positive Entwicklungen? Wo liegen die nutzbaren Chancen einer Zeit, die nicht nur durch COVID, sondern auch durch politische Unruhen sowie durch Personal- und Rohstoffmangel geprägt ist?

Janik: Positiv ist sicher der vielbeschworene Digitalisierungsschub in Deutschland, der hoffentlich kein Strohfeuer bleibt. Ich bleibe da aber optimistisch. Immer mehr Unternehmen verlagern ihre Geschäftsprozesse in die Cloud. Um den Umstieg zu erleichtern, arbeiten wir beispielsweise eng mit Partnern wie SAP zusammen. Und gerade erst haben wir unser Angebot um neue maßgeschneiderte Branchen-Clouds erweitert. Laut KfW haben 94 Prozent der größeren deutschen Unternehmen Investitionen in Digitalisierung für die nächsten zwei Jahre fest eingeplant. Da geht es um smarte Fabriken, intelligente Lieferketten oder die Nutzung von digitalen Zwillingen in Forschung und Entwicklung.

Viel Bewegung sehen wir im Bereich Industrial Internet of Things (IIoT), wo derzeit laut IDC fast zwei Drittel der deutschen Industrieunternehmen neue Projekte plant. Aber wir müssen auch sehen, dass die Digitalisierung bei kleineren & mittelständischen Unternehmen nicht überall mit gleichem Nachdruck vorangetrieben wird. Das hat auch etwas mit Qualifikations- und Personalmangel zu tun. Nur eine Technologie, die ich verstehe, kann ich auch selbstbestimmt & sinnvoll einsetzen. Hier engagieren wir uns als Microsoft in zahlreichen Initiativen, national wie international. Digitale Qualifikation wird für Unternehmen wie Mitarbeiter ein Schlüssel, um wettbewerbs- und beschäftigungsfähig zu bleiben. So nutzt zum Beispiel der weltgrößte integrierte Container-Logistiker MAERSK sehr aktiv die Microsoft Enterprise Skills Initiative, um seine Mitarbeiter in die Lage zu versetzen, zunehmend datengetriebene Innovationen umzusetzen.

Microsoft Customer Story-Maersk: sparking digital transformation by upskilling its workforce

Microsoft Customer Story-Hellmann Worldwide Logistics: thinking ahead – moving forward

Logistik Customer Stories | Microsoft Azure

 

BVL: Die Digitalisierung hat also einen echten Schub erfahren – welche Technologien gehören zu den Gewinnern der letzten Monate, welche zu den Verlierern?

Janik: Bei digitalen Technologien von Gewinnern und Verlieren zu sprechen, lenkt davon ab, worauf es wirklich ankommt – eben „Adapt to Lead“. Es geht um unternehmerische Entscheidungen und eine Strategie, um dauerhaften Nutzen aus neuen Technologien zu ziehen. Die Krise hat gezeigt wie wichtig die schnelle und unkomplizierte Einführung von Cloudservices für die digitale Zusammenarbeit und Kommunikation ist. Aber eine digitale Transformation umfasst mehr als das Homeoffice.

Der Ad-hoc-Transformation in der Krise muss jetzt eine strategische Transformation nach der Krise folgen. Auf der diesjährigen digitalen Hannover Messe haben wir gesehen, wie viel Potential in der Vernetzung und intelligenten Steuerung von Maschinen und Anlagen steckt. In Kombination mit Technologiebausteinen wie IoT-Plattformen, Edge Computing und KI ergeben sich vielfältige Anwendungsmöglichkeiten in Bereichen wie Prozesssteuerung und Analytics. Genau diese Technologien befähigen unsere Kunden auch, besser mit Störungen in der Lieferkette umzugehen und ihre Prozesse flexibler anzupassen.  So erweitert beispielsweise DHL sein KI-gestütztes Logistikmodell mit uns und revolutioniert die Branche mit einem KI- und IoT-getriebenen Logistic-as-a-service-Ansatz.

Vor allem aber entstehen neue Produkte und Services, die durch maschinelles Lernen immer besser und nachhaltiger werden. Datenbasierte Geschäftsmodelle werden in den kommenden Jahren zum entscheidenden Werttreiber in so gut wie allen Branchen – nicht nur in der Fertigungsindustrie, sondern auch in der Logistik, der Automobilindustrie und vielen anderen.

IoT in den Bereichen Transport und Logistik | Microsoft Azure

 

BVL: Werfen wir zuletzt einen Blick in die Zukunft – was wird von all den erzwungenen Entwicklungen während der Pandemie bleiben, was wird zurückgedreht?

Janik: Ein Punkt kristallisiert sich klar heraus. Die Zukunft der Arbeitswelt ist hybrid. Rund 41 Prozent der Deutschen bevorzugen mittlerweile eine Mischform aus Präsenz- und Heimarbeit. Nur noch jeder Fünfte möchte einen eigens für ihn eingerichteten Schreibtisch. Mitarbeiter*innen befürworten den Wandel der Arbeitswelt, erwarten einer Umfrage zufolge aber auch Unterstützung.

Für Führungskräfte leitet sich daraus ein klarer und gleichzeitig herausfordernder Auftrag ab, den „dritten Weg des Arbeitens“ erfolgreich zu navigieren. Neben der etablierten Präsenzarbeit und dem gelernten Homeoffice werden hybride Formate vielerorts eine strategische Neuorganisation benötigen.  Diese Hybride Arbeitswelt wird künftig noch intuitiver. Ein Beispiel dafür ist Microsoft Mesh.

Eine Mixed-Reality-Plattform für digitale Zusammenarbeit, die wir kürzlich vorgestellt haben. Microsoft Mesh vermittelt Nutzer*innen durch Hologramme das Gefühl, beispielsweise bei Online-Meetings zusammen am selben Ort zu sein – und das auch, wenn sie eigentlich auf verschiedenen Kontinenten sind.

Fast gleichzeitig erleben wir aber auch das Ende einer Epoche, die von Arbeitsteilung in engen Branchengrenzen und vertikalen Strukturen geprägt ist und in der Innovation inkrementell gedacht und hierarchisch organisiert wird. Wenn Daten jetzt zum dritten (und vielleicht wichtigsten) Produktionsfaktor werden, gelten ganz neue Regeln. Statt starrer vertikaler Wertschöpfungsketten brauchen wir flexible und offene Wertschöpfungsnetzwerke.

Ich bin davon überzeugt, Innovation gedeiht in Zukunft am besten in branchenübergreifenden Ökosystemen und in Kooperation mit unterschiedlichsten Partnern, die bereitwillig Wissen teilen, um gemeinsam Mehrwerte zu schaffen. Ein wunderbares Beispiel dafür ist die  Open Manufacturing Platform von BMW, wo wir mit Unternehmen aus ganz unterschiedlichen Branchen zusammenarbeiten. Wettbewerbsfähigkeit bedeutet zunehmend Kooperationsfähigkeit- oder anders gesagt: Die Zukunft geht weg von Ego-Systems hin zu Eco-Systems.

Zukunft der Zusammenarbeit – Microsoft Mesh

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